Grenzmuseum Lübeck-Schlutup: Vom Alltag der Trennung
Ein Verein betreibt die Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup. Er will zeigen, was die deutsch-deutsche Grenze für die Menschen bedeutete.
Vor dem ehemaligen Zollgebäude ragt ein Stück eben jener Mauer auf, die seit dem 13. August 1961 auf 43 Kilometern Berlin teilte. Daneben steht ein grauer Trabant, der DDR-Kleinwagen. Ein großer Findling trägt die Aufschrift „SCHLUTUP – Getrennt 1945–1989“. Das Gebäude erinnert an eine übergroße Schuhschachtel mit erschreckend-abschreckender Umzäunung und einer akustischen Besonderheit: Der Holzbau ist mit Metall ummantelt und dadurch abhörsicher.
Bernhard Nölle arbeitet ehrenamtlich für den Förderverein der Grenzdokumentations-Stätte. „Wir wollen zeigen, was die deutsche Teilung für die Menschen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern bedeutet hat.“ Nölle erzählt von seiner Tätigkeit und dem Engagement der rund 150 Vereinsmitglieder und der Anstrengung, die Stätte zu betreiben, die eben kein staatlich gefördertes Museum ist.
Schlutup mit seiner langen Fischerei-Tradition war der nördlichste Grenzübergang der Bundesrepublik. Die Grenze verlief durch die Lübecker Bucht, von der Ostsee bis zum Ratzeburger See und über weite Strecken entlang der Flüsse Trave und Wakenitz. Schlutup lag als einziger der 56 Grenzübergänge auf dem Gebiet einer Großstadt. Für uns Lübecker war Schlutup eine Sackgasse, denn hinter der Grenzstation begann das Territorium der DDR. Doch konnten wir ab 1972 den „Kleinen Grenzverkehr“ nutzen.
Tagesbesuche aus Lübeck
Als Bürgerin Lübecks, und damit als einer der 56 grenznahen Stadt- und Landkreise der Bundesrepublik, eröffnete er mir Tagesbesuche in einem der 54 „Nachbar“-Kreise der DDR – um Verwandte zu sehen oder einfach aus Neugier. Wie oft ich „drüben“ war, daran ich mich nicht mehr, wohl aber an die häufigen Besuche bei Tante Betty in Schwerin, den Mindestumtausch von 25 DM in 25 Mark der DDR, den ich meist für Bücher ausgab, für russische Klassiker und Bände der Marx-Engels-Werkausgabe. Noch heute habe ich meinen letzten „Berechtigungsschein“ mit Datum 3. August 1989.
Die Dokumentationsstätte versammelt auf begrenztem Raum eine Fülle höchst unterschiedlicher Exponate – vom „Berechtigungsschein“ und anderen Regularien des „Kleinen Grenzverkehrs“ bis zu den Uniformen der Grenzbeamten hüben und drüben, Abhörgeräte und Warnschilder. Auf Fotos sind die ehemaligen Grenzanlagen zu sehen.
In einem der Räume liegt ein Schlauchboot, und anhand von Kartenmaterial erschließt sich, wie die risikoreiche Flucht über das Schlutuper Wiek in den Westen gelang. Es gibt ein Regal mit Büchern zur deutsch-deutschen Geschichte. Im Untergeschoss verdeutlichen Dokumentarfilme die überschwängliche Stimmung im November 1989 nach der Grenzöffnung – den nicht abreißenden Trabi-Konvoi entlang der Mecklenburger Straße, den Begrüßungsjubel der Lübecker:innen.
2019, beim Fest zum 30-jährigen Tag der Deutschen Einheit, schmettern Manuela Schwesig und Daniel Günther in Schlutup „Hinterm Horizont geht's weiter“ von Udo Lindenberg. Was wird sichtbar bleiben von der einstigen innerdeutschen Grenze, außer der Erinnerung? Was für eine Ironie übrigens, dass eben das Zollgebäude, das die Schlutuper Dokumentations-Stätte nutzt, erst 1979 wegen der DDR-Sondermülldeponie im nahen Schönberg errichtet wurde. Hier fertigte der Zoll die Mülltransporte ab, die der DDR Devisen einbrachten. Aber das ist eine andere deutsch-deutsche Geschichte.
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