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Grenzkonflikt zwischen Serbien und KosovoKFOR-Truppen müssen eingreifen

Nach dem serbischen Angriff auf die Grenzstation Jarinje hat die KFOR die Kontrolle übernommen. Ein Grund für die Streitigkeiten sind die kosovarischen Zollstempel.

Wird jetzt von internationalen Soldaten bewacht: Grenzübergang im Dorf Jarinje. Bild: dpa

Nach dem massiven Einsatz von KFOR-Truppen ist am Donnerstag erst einmal Ruhe im Kosovo eingekehrt. Eine Lösung des Konfliktes über die Kontrolle der Grenzen zwischen der kosovoalbanisch geführten Regierung und den Behörden in den Serbengebieten im Norden Kosovos aber hat sich bisher noch nicht angedeutet. Doch das Eingreifen der KFOR-Truppen zeigt auf, dass die internationalen Institutionen jetzt doch einen festeren Standpunkt beziehen als bisher.

Vor einigen Monaten noch war die Grenzstation Jarinje ein ruhiger Ort. Serbische Kosovopolizei kontrollierte die Papiere. Danach wurden diese auch noch von internationalen Polizisten der Eulex-Mission angesehen. Auch bei den Lastwagen wurden die Papiere gecheckt. Doch die Kontrolle der Ladung schien tabu. Ein amerikanischer Cop, der bei der Eulex-Mission diente, erklärte offenherzig, hier könne alles rein- und rausgebracht werden, ohne dass eine effektive Kontrolle gefürchtet werden müsse. Seit Donnerstag stehen an diesem Ort US-, deutsche, polnische und portugiesische Truppen der Kosovo-Force (KFOR).

Die internationalen Truppen unter dem Befehl des deutschen Generals Erhard Bühler sind hier eingerückt, nachdem der Grenzposten am Mittwoch von einigen hundert Serben angegriffen worden war. Die Grenzstation soll nach Presseberichten in Flammen aufgegangen sein.

Vorausgegangen war eine Aktion der Regierung in Prishtina. Nachdem lange Monate Verhandlungen mit Serbien über die Kontrolle der Grenzen geführt worden waren, hatte die serbische Delegation das Problem wieder auf die lange Bank geschoben. Die Regierung des Kosovo wollte erreichen, dass die Zollstempel des Landes in Serbien anerkannt werden, um den Export kosovarischer Waren nach Serbien oder als Transitgut zu gewährleisten.

Um wirtschaftlich weiterzukommen, muss Kosovo einen Zugang zu den Transitwegen haben. Andererseits ist Kosovo der größte Handelspartner Serbiens, serbische Waren überschwemmen den Markt auch in den Albanergebieten.

Hinzu kam aber noch, dass die nördlich der geteilten Stadt Mitrovica liegenden Gebiete seit der Unabhängigkeit des Landes von Serben kontrolliert werden, die über die beiden Übergänge Jarinje und Brnjak ungehindert Waren ein- und ausführen können, was sich vor allem eine Gruppe von serbischen Extremisten und zwielichtigen Geschäftsleuten zu Nutze machte. Dies führt zu einem empfindlichen Verlust bei den Einnahmen des neuen Staates.

All dies wollte Ministerpräsident Hashim Thaci am Montag nicht mehr hinnehmen und befahl den Einsatz von Spezialtruppen der Polizei, um die beiden Grenzübergänge im Handstreich zu nehmen. Sofort reagierten die Serben, indem sie die Zufahrtswege mit Lkws blockierten und auf die Spezialeinheiten schossen. Dabei wurde ein Polizist getötet, vier andere verletzt.

KFOR-General Bühler ließ die Spezialeinheiten mit KFOR-Helikoptern - unter anderem aus Kroatien - nach Prishtina zurückbringen. Der mit der serbischen und der albanischen Seite ausgehandelte Kompromiss sah dann vor, dass regierungstreue Zöllner und Polizisten die Kosovogrenzen überwachen sollten. Doch auch dies wollten die serbischen Extremisten nicht dulden und griffen am Mittwoch die Grenzstationen an, bis die KFOR dem Treiben ein Ende machte.

Der Weltsicherheitsrat trat am Donnerstag zusammen, um über Kosovo zu beraten. Russland und China hatten sich bisher als Vertreter serbischer Interessen gezeigt, während die USA, Deutschland, Großbritannien und auch Frankreich die Argumente der Kosovoregierung akzeptieren.

Serbiens Präsident Boris Tadic appellierte unterdessen an seine Landsleute, auf weitere Gewalt zu verzichten. Belgrad will aber erreichen, dass im zerstörten Grenzübergang Jarinje nach seiner Wiedereröffnung erneut serbische Beamte ihren Dienst verrichten. Die Extremisten und die Mafia in Nordkosovo sehen aber in Tadic einen innenpolitischen Gegner, der den Albanern zu weit entgegenkommt. Die Albaner vermuten ihrerseits hinter den Verwüstungen eine Regie Belgrads.

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7 Kommentare

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  • D
    Drei???

    Abgesehen von einer sowieso sehr häufig einseitigen und lobbygesteuerten Berichtererstattung im Allgemeinen, wäre es seht interessant zu erfahren, wieso hier im Artikel von serbischen Extremisten gesprochen wird. Was genau ist denn die DEfinition hierfür..und wann wäre man ein serbischer Normalist oder sogar serbischer Minimalist. Wer entscheidet so etwas? Wie kann der Autor des Artikels darauf schließen, dass die Akteure seiner Definition, die ja nicht transparent ist, entsprechen. Sämtliche Begriffe in Nachrichten scheinen sehr wahllos und unkontrolliert in Szene gesetzt zu werden...und verfälschen das Bild und somit unwahr!!

  • L
    Locke

    Der von mir bisher nicht bekannte Autor ERICH RATHFELDER leistet eine hervorragende Arbeit. Ich sage ehrlich, selten aber ganz selten findet man so einen Kenner der Kosovofrage.

     

    @konrad

    Es tut mir leid dass manche vom Mythos beherrschten Serben, ihre immer wieder verbrecherische Geschichte und Gegenwart nicht akzeptieren und verurteilen wollen. Das ist traurig.

    Der getötete Polizist war ein Albaner und heißt Enver Zymberi, der vor paar Tagen im Nordkosovo von Serben getötet wurde.

  • B
    Blero

    @Waltraud Borg

     

    Euro einführung war in Jahre 2000/01

     

    Das Krieg in Kosovo fand in Jahre 1990-1999 statt!! es ist wirklich lächerlich was du hier behauptes!!

     

    @Albanos Ismaili

     

    Shqipe es ist nicht gut was du gerade sagst ist mir egal wer diesen befehl gegeben hat für Kosovo war es notwendig den wir als junges staat haben millionen an diesen Grenzen verloren!!

     

    was ich an diesen Artikel bemängeln muss ist es das Tadic als ein Demokrtischer führer dargestellt wird ist es aber nicht so diese angriff wurden von der serbischen regierung geplant und durchgeführt!!

     

    Tadic ist genau so schlecht wie MIllosevic!! Die politik in serbien hat sich nicht geändert es ist die gleiche wie in jahre 1985 bis 1999!!

  • JL
    julius lieske

    Sehr guter Artikel! Ein Musterbeispiel an unabhängiger Recherche und Nachrichtenvermittlung. Vielen Dank, Herr Rathfelder für Ihre wirklich objektive Sichtweise und Ihre mutigen aufklärenden Äusserungen zu den einzig Schuldigen an diesem neuerlichen von Serben begangenen Massaker. Wenn wir doch mehr von Ihrer Sorte hätten! Dann könnte man sich die Lektüre anderer Zeitungen wie "BILD" oder "SuperIllu" sparen und wäre trotzdem sehr gut unterrichtet, wie die Welt wirklich ist.

  • AI
    Albanos Ismaili

    Guter Artikel.

     

    Es fehlt nur zu erwähnen, das Thaci gerade jetzt das gemacht hat, um von seiner politischen Niederlage abzulenken!

  • K
    konrad

    Es scheint bequem zu sein, alten Feindbildern treu zu bleiben. Dennoch sollte man genug Journalismusehre besitzen, die Wahrheit zu veröffentlichen: Bei dem getöteten Polizisten handelt es sich um einen von Albanern ermordeten Serben.

     

    Sorry, truth hurts!

     

    Wenn man als Journalist in D weiterhin das zu pflegen gedenkt, wozu man sich "traditionell" verpflichtet fühlt, dann möchte ich nicht wissen, was über die Franzosen oder gar Juden zu lesen sein wird.

  • WB
    Waltraud Borg

    Würde mich nicht wundern, wenn mal wieder die Amerikaner ihre Finger im Spiel haben. Die haben seinerzeit beim Abkommen von Dalton eine unrühmliche Rolle gehabt. Und der Ausbruch des Kosovo-Kriegs fiel ZUFÄLLIG ziemlich genau mit der Einführung des Euro zusammen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt....

     

    Genausowenig müßte man blind sein, um zu übersehen, dass der Anschlag auf den norwegischen Wohlfahrtsstaat - eines der Länder in dem die Reichen nicht nur Steuern zahlen, sondern es auch einen Konsens darüber gibt, dass das gut so ist - hoch brisant ist im Kontext der aktuellen Diskussion in den USA. Die Rechten in den USA haben nicht das geringste Interesse am Überleben der Armen oder dem Abbau von Bildungsbarrieren. Wie sollten sie am Wohlergehen Norwegens ein Interesse haben?