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■ StandbildGrauen in Fakten

„Ärzte ohne Gewissen“, So., 23.10 Uhr, ARD

Vor 50 Jahren, am 25. Oktober 1946, begann in Nürnberg der Prozeß gegen die furchtbaren NS-Mediziner. Weit davon entfernt, bloß eine gruselige Datums-Dokumentation abzuliefern, nahm sich der Psychiatrie- Experte Ernst Klee des düsteren Themas mit kriminalistischer Akribie an. Er verwandelte das Grauen zurück in konkrete Fakten: in Namen und Gesichter, Täter und Opfer, Akten und Lebensläufe. Klee verzichtete gänzlich auf die TV-gerechte „Dramatisierung“ seines Stoffes: keine wabernde Musik, moralisierenden Kommentare und telegen schluchzenden Überlebenden.

Der Beitrag wirkte wie ein sachliches Referat auf einem Ärztekongreß: mit Fotos von verstümmelten Opfern, Gewebsschnitten von hingerichteten Frauen aus dem Widerstand, Forschungsunterlagen, NS-Dokumentationen sowie Aufnahmen zweier nur zur medizinischen Forschung gebauten Gaskammern. Mit diesem brutal-sachlichen Stil schafft Klee einen unmittelbaren Zugang zu dem Dokumentierten, entdämonisiert die NS-Ärzte zu intelligenten Vollstreckern militärischer, wirtschaftlicher und politischer Interessen.

Schier unglaublich mutet die Collage von grausamsten Experimenten und den Nachkriegskarrieren der furchtbaren Mediziner an, die Klee Fall für Fall zusammentrug. Sein Film ist eine dokumentarische Fleißarbeit, eine anschauliche Chronik mit dem analytischen Blick des Historikers und zugleich die beklemmend reale Vision des Wahns von der wissenschaftlichen Machbarkeit. Nur knapp streift Klee die Gegenwart, erwähnt die DFG-Klagen gegen die „Behinderung“ von Gentechnik und Embryonenforschung. Sein Film ist ein eindringliches Dokument wider das Vergessen. Dieter Deul

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