Gras: Breitseite gegen Kiffer
CDU möchte Strafverfolgung bei Cannabis verschärfen. Kritik aus der SPD.
Der Senat will Kiffern an die Tüte. Die CDU-Senatoren Frank Henkel (Inneres), Mario Czaja (Gesundheit) und Thomas Heilmann (Justiz) planen, den straffreien Eigenbedarf von Cannabis von 15 auf 6 Gramm zu senken. Der Koalitionspartner SPD und die Opposition wollen das Vorhaben in Rauch auflösen.
In einem Schreiben an die Abgeordnetenhausfraktionen verweist Henkel auf einen Beschluss der Justizministerkonferenz von 2007, den Eigenbedarf bundesweit auf 6 Gramm zu vereinheitlichen. Darauf habe ihn Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Mitte April nochmal hingewiesen. Er „erwäge“ deshalb, die Grenze „herabzusenken“, so Henkel. Am Dienstag sollen dafür Experten im Kammergericht angehört werden.
Bisher legt Berlin den privaten Cannabisbesitz am liberalsten aus: Wer einmal mit bis zu 15 Gramm erwischt wird, kommt straffrei davon. In den anderen Bundesländern sind 6 Gramm Standard. Das Argument der Vereinheitlichung zieht trotzdem nicht: 2010 erhöhte Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen den straffreien Eigenbesitz von 6 auf 10 Gramm, im Januar tat es Rot-Grün in Rheinland-Pfalz gleich. Die Begründung: Man wolle Gelegenheitskonsumenten nicht unnötig kriminalisieren.
Die Opposition kritisierte denn auch die CDU-Pläne. Es sei zu begrüßen, dass sich die CDU „grundsätzlich zur Straffreigrenze bekennt“, so der Grüne Benedikt Lux. Die Absenkung aber sei unnötig. Im Gegenteil müsse die Straffreigrenze auch mehrmals zum Zuge kommen. „Polizei und Justiz müssen immer noch viel zu häufig kleine Kiffer jagen.“
Auch Thomas Isenberg, Gesundheitsexperte der SPD, sieht „keinen Handlungsbedarf“. Die 15-Gramm-Regelung habe sich bewährt, der Koalitionsvertrag sehe eine Absenkung nicht vor. Es sei „zwingend notwendig“, dass die CDU-Senatoren die Entscheidung nicht unter sich ausmachten, sondern die SPD einbezögen, so Isenberg.
Justizsenator Heilmann verwies auf die Expertenanhörung. Dort werde man klären, ob sich die Regelung bewährt habe. In Berlin gab es im vergangenen Jahr 11.929 Verfahren wegen Cannabisbesitz – 41 Prozent wurden wegen der Unterschreitung der 15 Gramm eingestellt.
Henkel selbst dreht offenbar dicke Dübel: An die Fraktionen schreibt er von „6 Gramm beziehungsweise drei Konsumeinheiten für Cannabisprodukte“. taz-Recherchen ergeben: Aus dieser Grasmenge lassen sich wohl eher um die 20 Joints bauen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen