Gouverneur über Bergbaukrise im Kongo: "Katanga trägt den Staatshaushalt"
Moise Katumbi, Gouverneur von Kongos südlicher Bergbauprovinz Katanga, über das Überlisten der globalen Wirtschaftskrise, seinen persönlichen Reichtum und Neid in Kongos Politik.
taz: Herr Katumbi, Katanga war schwer von der Krise im globalen Bergbau getroffen, aber sie übersteht die Rezession besser als viele Regionen Afrikas. Wie machen Sie das?
Moise Katumbi: Die Krise war hart. Letztes Jahr exportierten wir 60.000 Tonnen Mineralienerze im Monat, im Januar waren es nur noch 20.000. Aber inzwischen liegen wir bei 75.000. Der Hauptgrund ist die Abschaffung illegaler Steuern, die den Schmuggel begünstigten. Wir stellen sicher, dass das Geld in den Staatskassen landet.
Die Zolleinnahmen sind von 1,2 auf 26 Millionen Dollar im Monat gestiegen, die Steuereinnahmen von 300.000 auf eine Million, die Fördergebühren von 1,2 auf 72 Millionen. Die Preise sind noch niedrig. Die Exporteure verdienen nicht mehr als 10 oder 15 Prozent. Wenn man ihnen dann 22 Prozent Steuern abknöpft wie früher, arbeiten sie mit Verlust. Oder die Schürfer in den Minen: Früher bekamen sie für eine Tonne 1.000 Dollar und mussten 600 abtreten. Ich habe das alles abgeschafft!
Ende 2008 hieß es, 300.000 Arbeitsplätze seien in Katangas Bergbau verlorengegangen. Wie sieht das jetzt aus?
Die Schürfer sind alle in die Minen zurückgegangen. Wir gucken jetzt, wie man die Arbeitssicherheit verbessern kann. Die Leute graben Tunnel in 30 Meter Tiefe. Und es gibt Erdrutsche und Tote. Wir müssen sie schützen.
Die Schürfer sind deswegen so zahlreich, weil der große staatliche Kupfer- und Kobaltförderer Gécamines, von dem die Wirtschaft ganz Kongos abhängt, nicht mehr funktioniert. Ist eine Lösung in Sicht?
Die Gécamines liegt am Boden. Sie hätte während des Bergbaubooms neu organisiert werden müssen. Das hängt aber nicht von der Provinz Katanga ab, sondern von Kongos Bergbauministerium.
Moise Katumbi ist 44 Jahre alt, Sohn eines vor Mussolini geflohenen jüdischen Griechen und einer Kongolesin, ist seit 2007 der gewählte Gouverneur Katangas. Davor leitete er eine Bergbaufirma und den kongolesischen Fußballclub TP Mazembe.
Das Bergbauministerium hat aber vor zwei Jahren begonnen, die Investorenverträge im Bergbau zu überarbeiten.
Das hat uns geschadet, denn es hat das Vertrauen der Investoren reduziert. Die Bergbaufirmen bei uns haben über 10 Milliarden Dollar Börsenwert verloren. Ich habe mehrfach das Bergbauministerium gebeten, den Prozess zu beschleunigen, um Vertrauen wiederherzustellen, und dafür zu sorgen, dass die kleinen Bergbaufirmen Kredite bekommen. Aber es gab keine Rückmeldung.
Langfristig soll die Gécamines und Kongos andere Staatsfirmen privatisiert werden. Die Angestellten sind darüber unglücklich. Und Sie?
Ich finde, das ist im Moment keine gute Idee. Wie soll man die Gécamines privatisieren, wenn sie fast gar keine eigenen Bergbaurechte mehr hat? Die sind alle in Partnerschaftsverträge mit Investoren gesteckt worden.
In Kongos Verfassung steht, dass die einzelnen Provinzen 40 Prozent ihrer Einnahmen behalten. Aber in der Realität behält weiterhin die Zentralregierung das Geld. Was ist los?
Die 40 Prozent sind unser Recht. Aber in der Realität kriegen wir nur etwa 8 Prozent. Das reicht nicht einmal für Gehälter. Katanga trägt 49,5 Prozent des gesamten kongolesischen Staatshaushalts bei, wir müssten etwas zurückkriegen. Die Leute zahlen Steuern, und wenn sie ins Krankenhaus müssen, gibt es keine Medikamente.
Sie gelten als sehr populär. Liegt das daran, dass Sie früher Präsident des Spitzenfußballvereins TP Mazembe waren?
Nein. Es gibt andere Fußballpräsidenten, die in die Politik gegangen sind, aber sie sind gescheitert! Die Bevölkerung vertraut mir, weil ich Geschäftsmann gewesen bin und viel in Sozialleistungen investiert habe.
Sie haben aber auch sehr viel Geld mit dem Weiterverkauf einer Gécamines-Bergbaukonzession verdient, heißt es.
Ich habe keine Gécamines-Konzession verkauft! Ich hatte die Konzession für 6 Millionen Dollar gepachtet. Ich habe das bezahlt und 25 Millionen investiert, dann habe ich die Rechte an Anvil Mining aus Australien verkauft. Die Multis machen Milliardengeschäfte, aber wenn ein Kongolese 60 Millionen Dollar Profit macht, erntet er Kritik! Das ist nur Neid.
Zum Thema Neid: Stimmt es, dass jemand vor zwei Jahren Ihr Flugzeug sabotieren wollte?
Es gibt Neider vor allem in meiner eigenen Partei. Manche Leute mögen nicht, wenn ich Klartext rede. Ja, mein Flugzeug wurde in Kinshasa sabotiert, das haben südafrikanische Techniker bestätigt. Von wem, weiß ich nicht. Ich bin aus Kinshasa abgeflogen, es gab Probleme bei der Landung in Lubumbashi. Schließlich machte ich eine Bruchlandung in Südafrika.
Haben Sie Anzeige erstattet?
Gegen wen denn? Das würde nur Geld kosten. Wir sind alle irgendwann tot. Ich bin Katholik, ich respektiere das menschliche Leben. Heute wird mein Flugzeug sabotiert. Morgen ist jemand anderes dran.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!