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Gottesdienst in rot, gelb, grün

■ „Culture“ vertonen seit 26 Jahren den Rastafari-Glauben und machen Religion tanzbar

Die Geschichte von „Culture“ begann mit einer Fügung. Eines Morgens im Jahre 1976 erwachte Leadsänger Joseph Hill aus einem Traum und prophezeite der Band den Beginn ihrer Karriere. Hill sprach von einem schlanken, schwarzen Boss, der sie in einem leerstehenden Studio mit offenen Armen empfangen würde – und so geschah es auch. Nur dass der Boss aus seinem Traum kein Engel war, sondern ein Tantieme schluckender „Wicked Man“. Vom Erfolg ihrer Erstlinge bekamen sie keinen Cent in die Hände. Obwohl sich ihr Roots Reggae wie der von Bob Marley weltweit verkaufte.

Sie verdanken es wohl ihrem festen Glauben an Gott, nicht aufgegeben zu haben: Mit ihrem jüngsten Werk „Payback“ legten Joseph Hill, Albert Walker und Afrine Hill kürzlich das 24. Album vor.

Ihr Glaube nennt Gott Jah und stützt sich auf die Bibel stützt. Entstanden ist die Rastafari-Religion aus dem Trauma der Sklaverei. In Äthiopien würde der Messias als Wiedergeburt Jesu auferstehen und aus dem „Geschlecht Davids“ stammen. So prophezeiten es im späten 18. Jahrhundert schwarze Gottesmänner in Nordamerika. Die afrozentrische Auslegung der Bibel fand ihren Religionsstifter in König Haile Selassie von Äthiopien, der 1930 den Thron bestieg und seitdem von den Rastas weltweit vergöttert wird.

“Er, der Allmächtige, König der Könige, Herr der Herren, der Löwe Judäas, Ras Tafari“, so stimmt Hill dann auch auf der Bühne die obligatorische Lobpreisung Abend für Abend an. Mit seiner knarzig rauen Stimme, die Hand gen Himmel gestreckt, erleuchtet vom roten, gelben und grünen Scheinwerferlicht. Setzt die Musik danach ein, schwappt die Menge begeistert, aber ohne recht zu wissen, worum es geht. Losungen wie Friede, Fairness und Einheit für alle Menschen sind dafür besser zu verstehen.

„Jedes Lebewesen soll die Grenzen wie der Wind durchqueren können“, träumt Hill, der mit seiner neunköpfigen Band Afrika, Nordamerika und Europa bereist. Am Freitag Abend stehen sie vor den Rängen im Schlachthof und verkünden ihre Nachricht.

„Culture“ bettet die tiefsinnigen Botschaften in eine Musik voller Leichtigkeit. Die entspannten Rhythmen der Gitarre und das pulsierende Trommeln der jamaikanischen „Nyabinghi“ schaffen eine wohlige Grundstimmung. Als wenn man gemächlich einen Flusslauf entlangtreibt. So gelassen kann Gottesdienst sein.

Daniel Toedt

Am 12.4., um 21 im Schlachthof

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