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Gorleben-DokumentationTraktoren, vereinigt euch!

Kommentar von Christoph Parnitzke

Eine Dokumentation arbeitet in "Gorleben - Der Aufstand der Bauern" (Dienstag, NDR, 23 Uhr) die Geschichte des Protests auf

"Es dauert lange, bis Bauern auf die Straße gehen," sagt Bauernführer Pothmer. Bild: dpa

Am 22. Februar 1977 überraschte Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht die Republik mit der Entscheidung, in Gorleben eine Wiederaufarbeitungsanlage und ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll einzurichten. Atomkraftgegner aus der ganzen Republik protestierten in Gorleben - die meisten Wendländer waren noch nie auf einer Demo. Dreißig Jahre später ist die Region im Nordosten Niedersachsens nicht mehr dieselbe. Durch die Proteste gegen die Atompläne wurden aus konservativen Bauern Widerständler, und verschlafene Dörfer wurden durch Künstler erobert.

Der erste Erfolg des organisierten Widerstands: Albrecht musste die Planungen für die Wiederaufarbeitungsanlage stoppen. Eine NDR-Dokumentation aus der Reihe "Schicksalstage Norddeutschlands" greift die Geschehnisse nun auf: "Gorleben - Der Aufstand der Bauern" heißt sie. Heute streiten Politiker und Atomkraftgegner noch immer. Doch im Zentrum des Films stehen die Landwirte. "Es dauert lange, bis Bauern auf die Straße gehen", sagt Heinrich Pothmer. "Aber wenn sie auf die Straße gehen, hat es in der Geschichte politisch fast immer Veränderungen gegeben." Pothmer wurde 1979 als 25-Jähriger zum Bauernführer und zur Stimme der Protestbewegung.

Chronologisch zeigt der Film, wie sich im Wendland eine eigenständige Kultur des Protests entwickelte. Dennoch verlaufen Brüche in der Bevölkerung. Einige Landbesitzer wurden durch den Verkauf reich, und Kommunalpolitiker sanierten mit Atomgeld die Gemeindekasse Gorlebens. Der Film zeigt feinsinnig, wie die Auseinandersetzungen die Menschen in der Region verändert hat. Rot-Grün stellt mittlerweile die Landräte. Es gibt die meisten Ökolandbetriebe in Niedersachsen. Das Wendland ist Modellregion für Erneuerbare Energien. Und über 200 Kunstschaffende haben sich auf den kleinen Dörfern angesiedelt.

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