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Googlesprecher zieht Vergleich mit ChinaSchweden googlelos

Aus Misstrauen gegenüber schwedischen Behörden wollen Internet- und Telekomfirmen ihre Server nicht mehr in dem Land platzieren.

Will bei Verabschiedung des Gesetzes keinen Server mehr in Schweden platzieren: Google. Bild: dpa

STOCKHOLM taz "Das passt ganz einfach nicht in eine westliche Demokratie." So kommentiert Peter Fleischer, Integritätsbeauftragter bei Google, das "aggressivste Überwachungsgesetz in ganz Europa". Bereits als das schwedische Gesetz vor einem Jahr in erster Lesung im Parlament debattiert worden war, hatte Google klargemacht, in Zukunft keinen seiner Server in Schweden platzieren zu wollen, sollte dieses Gesetz Realität werden. "Wir können ganz einfach die Integrität unserer Anwender nicht kompromittieren, dadurch, dass wir schwedischen Behörden Zugang zu Daten geben, die womöglich gar nichts mit schwedischen Anwendern zu tun haben", erklärte Fleischer. Nun schreibt er in seinem Blog, dass Schweden sich mit dem Gesetz in eine Reihe stelle mit Staaten wie China und Saudi-Arabien. Wobei allerdings der Versuch, alle E-Mails und allen Chat-Verkehr zu überwachen, von Terroristen relativ leicht durch Verschlüsselung ihrer Botschaften umgangen werden könnte.

Auf die Drohung, dass Schweden den E-Mail-Verkehr seiner KundInnen mitliest, hat die finnische Tochter des finnisch-schwedischen Telekomkonzerns Telia-Sonera schon reagiert. Sie verlegte im Juli letzten Jahres alle noch in Schweden stehenden E-Mail-Server, über welche die Post der finnischen AnwenderInnen abgewickelt worden war, nach Finnland. Konzernjurist Patrik Hiselius: "Die Rücksicht auf unserer Kunden hat dies erforderlich gemacht. Obwohl dieser Umzug vom Service her nicht optimal war." Doch eine Garantie, dass nicht auch solch innerfinnischer oder überhaupt Mail- und Chatverkehr innerhalb eines europäischen Landes den Weg über einen schwedischen Server nimmt und damit ins FRA-Netz gelangt, besteht nicht. Innerschwedischen Mailverkehr, den das Gesetz nicht erfassen will, scheint es in der Praxis nicht zu geben. Agneta Lindblom Hulthén, Vorsitzende des schwedischen Journalistenverbands: "Es ist nicht akzeptabel, wie auf diese Weise in einem Rechtsstaat die Grundrechte desavouiert werden sollen." Auch der europäische Journalistenverband EFJ hat den Gesetzentwurf ebenfalls verurteilt. David Banisar, Generalsekretär von der Bürgerrechtsorganisation "Privacy International", betonte: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein solches Gesetz mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar ist." Im Europaparlament liegt bereits eine entsprechende Anfrage an die Kommission vor.

Zur Erfüllung des Überwachungsauftrags war dem Geheimdienst FRA von der Regierung bereits im vergangenen Jahr ein Supercomputer spendiert worden. Der rangiert derzeit auf Platz 5 der Weltrangliste dieser Systeme. Er wird aber nicht reichen. Ein weiterer Kauf soll bereits geplant sein.

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3 Kommentare

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  • JL
    Jens Langpaap

    Ich möchte meinen Vorrednern Recht geben. Im Falle der zensierenden, chinesischen Google-Suchmaschine

    beteuerte Google einst, dass die eigenen Richtlinien es zwar “untersagen” Suchresultate zu zensieren, das Unternehmen es aber dennoch mache “um nationalen Gesetzen, Vorschriften oder Richtlinien zu entsprechen”. Warum in Schweden so zimperlich und nicht auch in China? Vermutlich, weil nicht Schweden, sondern China der Wachstumsmarkt der Zukunft ist. Schweden kommt da sicher als Möglichkeit gelegen, sich eine weißere Weste zuzulegen.

     

    Ich möchte auf dieses (ehrenamtliche) Suchmaschinenprojekt einer Gruppe von Amnesty International aufmerksam machen:

    www.sucheohnezensur.de

    (Wenn das als Werbung hier nicht gestattet ist, bitte streichen)

  • T
    technokrat

    Muahuahuahuaha! Ausgerechnet Google. Glaubwürdig wie das Ehrenwort eines Politikers.

    "Das passt ganz einfach nicht in eine westliche Demokratie...", "... sowas machen wir sonst immer nur in China" müsste der Satz zu ende gehen. Sehr geehrter Herr Fleischer: was soll diese verlogene Gejammer? Die größte Datenkrake mit den üblsten, rückgradlosesten Diktatorenarschkriechern will was über Datensicherheit erzählen? Ihr Zensiert eure Suchanfragen, verratet die IPs chinesischer Dissidenten, damit die Knäste sich in China nicht leeren und jammert über schwedische Vollüberwachung? Verlogenes Dreckspack! Was Schweden macht ist scheiße, ihr verdient damit jedoch schon seit Jahren Geld. Angst vor Konkurrenz? Ich krich die Krätze. *kotz*

    Tue nichts Böses. Verdiene Geld damit (man muss die Statuten auch zu Ende lesen, bzw. sie richtig zu ende deuten).

    http://www.quintessenz.at/d/000100004334

    Gefangen in der Google-Falle. Sehr hörenswert.

  • M
    Monsterchen

    Oho, die allgegenwärtige Datenkrake Google entdeckt ihrw Verbraucher(Daten)schutzader. Leider muß ich da ganz laut lachen bei derart viel heuchelei seitens Google.

    Wenn ich so etwas aus dem Munde eines Google Verantwortlichen lese: "Nun schreibt er in seinem Blog, dass Schweden sich mit dem Gesetz in eine Reihe stelle mit Staaten wie China und Saudi-Arabien." ...dachte ich so bei mir warum er nicht die USA gleich mit dranhängt an die Aufreihung der "Datenschurkenstaaten".

    Und Google selbst hat ja auch ein sehr merkwürdiges Datenschutzverständiss innerhalb der USA, da wird mal ganz schnell und unbörokratisch die Tür zum allerheiligsten geöffnet wenn ofizielle Us Stellen was wollen, da muß nur ein wenig gedroht werden mit Marktbeschränkung oder ähnlichem und schon ist Google da sehr kooperativ frei nach dem Grundsatz, Hauptsache Kohle machen!