Googles neue Suchfunktion: Facebook-Fanseiten werden ignoriert
Seit wenigen Tagen hat Google eine neue Funktion freigeschaltet, bei der Resultate aus Google Plus in der Standardsuche auftauchen. Kritiker halten das für unfair.
Die US-Wettbewerbshüter nehmen jetzt laut einem Medienbericht auch das Online-Netzwerk Google+ unter die Lupe. Dabei gehe die Handelsbehörde FTC der Frage nach, ob Google eigene Dienste bei seinen Suchergebnissen bevorzuge und damit gegen Wettbewerbsregeln verstoße, berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg am Freitag unter Berufung auf informierte Personen.
Google hatte jüngst eine stärker personifizierte Internet-Suche vorgestellt. Dabei werden nach ersten Eindrücken vom US-Start Inhalte aus Googles Online-Netzwerk Google+ stärker als bisher in den Vordergrund gestellt. Registrierte Nutzer haben dabei auch die Option, die Suche nach Personen auf einen Bekanntenkreis zu beschränken.
Mit der neuen Funktion "Search Plus Your World" werden seit wenigen Tagen Inhalte aus dem hauseigenen sozialen Netzwerk des Internet-Riesen in die Hauptsuche eingeblendet. Und: Wer eingeloggt ist, kann sogar in Daten des privaten Freundeskreises suchen.
Der Plan scheint zu sein Google Plus, das in den letzten Monaten stark gewachsen ist, als ernstzunehmenden Konkurrenten von Facebook und Twitter zu etablieren. Und dafür, so glaubt die Google-Chefetage offenbar, eignet sich das nach wie vor erfolgreichste Produkt des Konzerns, die Suchmaschine, am besten.
"Wir brauchen einen entsprechenden Brief"
Doch unkritisch angenommen wird der neue Dienst von Wettbewerbern und dem Fachpublikum nicht. So ließ Twitter schon kurz nach dem Start eine Protestnote seines Hausjustiziars verbreiten, in der es hieß, Google habe früher schlicht die relevantesten Ergebnisse geliefert, nun werde es für alle schwieriger, Informationen zu finden.
Tatsächlich ist Google Plus nun so etwas wie das bevorzugte Social Network der Google-Suchmaschine: Ergebnisse daraus tauchen gleich rechts in einer eigenen Spalte auf und sind sogar im Suchfeld hervorgehoben. Google Plus (und damit auch eine Mitgliedschaft bei dem Dienst) wird so großflächig beworben.
Bei Google tut man so, als verstehe man die ganze Aufregung nicht. In einem Interview sagte Ex-Firmenchef Eric Schmidt, man sei "gerne bereit", mit Twitter und Facebook zu reden, um deren Inhalte in die soziale Suche aufzunehmen. Bislang fehle es aber an entsprechenden Verträgen. "Wir brauchen von beiden einen entsprechenden Brief."
Mit Twitter und Facebook geht's auch
Tatsächlich hatte Twitter im vergangenen Jahr eine sogenannte "Firehose"-Vereinbarung mit Google beendet, die der Suchmaschine kompletten Zugriff auf die Echtzeitinhalte des Kurznachrichtendienstes gab. Allerdings kann Google auch ohne diese Schnittstelle Inhalte bei Twitter, die zu großen Teilen frei im Web stehen, indexieren und genauso hervorgehoben präsentieren wie Ergebnisse aus Google Plus.
Ähnlich sieht es bei Facebook aus. Hier sind zwar viele Inhalte noch nach dem Einloggen sichtbar, doch immer mehr Nutzer geben ihre Statusbotschaften und Postings für die Internet-Öffentlichkeit frei - oder haben zumindest den entsprechende Privatsphärenschutz nicht aktiviert. Auch dieses Material könnte Google erfassen und hervorgehoben präsentieren, wenn es wollte.
Der Suchmaschinenexperte Danny Sullivan hält Googles Vorgehen für problematisch. Der Umbau des Suchangebots bevorzuge Google deutlich, führt er in mehreren "Real-Life"-Beispielen aus. Google Plus-Ergebnisse seien nun oft schneller zu finden als etwa die offiziellen Facebook- und Twitter-Seiten.
Bei einer Suche nach "Britney Spears" muss man, um zum Twitter-Account der Sängerin zu gelangen, weit nach unten scrollen - vorbei an Googles Bildersuche, Videoergebnissen bei YouTube und dem YouTube-Kanal des Starlets. Die Facebook-Seite, die knapp 40 Millionen Fans hat, wird unter den Top-Ergebnissen gar nicht gelistet.
Kartellrechtliche Relevanz?
Zum Vergleich: Bei Google Plus folgen Spears nur 1,4 Millionen User. Auch den Google Plus-Vorschlag im Suchfeld sieht Sullivan kritisch: "Hier könnte Google auch Britneys eigene Seite, Facebook oder Twitter angeben."
Sullivan fragt, ob Googles Ansatz kartellrechtliche Relevanz hat. Tatsächlich gibt es sowohl in Europa als auch in den USA derzeit Bemühungen, die dominante Position des Suchmaschinenriesen auf mögliche Monopolprobleme abzuklopfen - mit "Search Plus Your World" liefert Google selbst Munition.
So mancher Marktbeobachter fühlt sich bereits an das Kartellverfahren gegen Microsoft Ende der 90er Jahre erinnert. Damals wurde dem Softwaregiganten auf die Finger gehauen, weil dieser über sein Windows-Monopol versucht hatte, den hauseigenen Browser Internet Explorer in den Markt zu drücken. Man könnte Google mit seinem Suchmonopol und Google+ nun ähnliches unterstellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier