Google-Browser Chrome: Das Böse steckt im Kleingedruckten
Google überarbeitet nach Blogger-Protesten die Nutzungsbedingungen für Browser "Chrome". Und auch die Datenschutz-Regelungen sind teils problematisch.
Eigentlich kann der Online-Konzern Google den Start seines neuen Browsers "Chrome" als uneingeschränkten Erfolg verbuchen: Die Presse berichtete vielfach positiv und auch die Downloadzahlen sind super. Laut Statistik der Online-Marktforschungsfirma "Net Appliance" sollen bereits deutlich mehr als ein Prozent aller Internet-Surfer mit der Vorabversion des kostenlosen Web-Programms im Netz unterwegs sein - das wäre in Sachen Nutzerannahme ein neuer Geschwindigkeitsrekord. Also alles rosig in Googles neuer Browser-Welt?
Nicht ganz. Berichte über merkwürdige Klauseln in den Nutzungsbedingungen von Chrome, die man beim Herunterladen der Software zwangsweise annehmen musste, machten am Mittwoch die Runde durch wichtige Blogs und sorgten für Verunsicherung bei den Usern.
So musste jeder Nutzer des Web-Programms laut dem Kleingedruckten Google eine "ewige, unwiderrufliche, kostenlose" Lizenz erteilen, alle Inhalte, die über Chrome ins Netz gestellt werden, "zu kopieren, zu adaptieren, zu modifizieren, zu übersetzen, öffentlich aufführen, anzuzeigen und zu vertreiben".
Im Klartext hieße das: Würde man nach Annahme dieser Bedingungen mit Chrome beispielsweise einen Text in sein Blog einstellen (oder als Journalist etwa einen Bericht in ein Redaktionssystem), dürfte sich Google kostenlos bedienen und damit nahezu alles tun - von der Werbung bis zur Verwertung auf einem seiner Portale. David Loschiavo, Blogger und Anwalt aus Florida, der die Bedingungen erstmals öffentlich machte, kannte dazu nur eine Reaktion: "Bevor Google das nicht verändert, werde ich Chrome nicht verwenden."
Tatsächlich reagierte der Konzern inzwischen auf die Kritik. Eine Google-Justiziarin kündigte an, man werde die umstrittene Passage herausnehmen. Grund für die weitläufige Rechteeinräumung sei gewesen, dass diese aus den universellen Nutzungsbedingungen, die auch für andere Google-Produkte gelten, gestammt habe. "Es kann deshalb sein, dass einige der rechtlichen Begriffe nicht für alle Produkte passen", sagte sie. "Wir arbeiten schnell daran, sie zu ändern." Diese neuen, weniger weitläufigen Bedingungen seien dann auch für Nutzer bindend, die Chrome bereits heruntergeladen hätten, sagte sie.
Aber nicht nur das Kleingedruckte bei der Software sorgte für Wirbel. So kritisieren Datenschützer die Erfassung des Surfverhaltens der Nutzer durch Google, die mit Chrome möglich wird. In den Standardeinstellungen sendet das Programm nämlich jeden in die Adressleiste eingetippten Suchbegriff und jede eingetippte Internet-Adresse an den Google-Dienst "Suggest", damit dieser mögliche Alternativen oder dazu passende Angebote vorschlagen kann. "In die Adressleiste eingegebene URLs oder Suchanfragen werden an Google gesendet, damit von der Vorschlagsfunktion automatisch gesuchte Begriffe oder URLs empfohlen werden können", heißt es dazu in den "Anmerkungen zum Datenschutz".
Es ist unklar, in wie weit Google hier Zuordnungen zu bestimmten Rechnern vornimmt (jeder Chrome-Browser besitzt eine eindeutige Identifikationsnummer), die Internet-Adresse des Nutzers (IP) wird aber in jedem Fall übertragen. Die Datenübermittlung lässt sich nur abdrehen, wenn man sich in die etwas versteckt liegenden Suchmaschineneinstellungen des Browsers begibt. Der Nachteil dabei: Die Vorschlagsfunktion, die im täglichen Gebrauch von Chrome sehr nützlich ist, geht dadurch natürlich ebenfalls verloren.
Theoretisch problematisch ist auch ein anderes, eigentlich praktisches Feature: Der Schutz vor Websites mit Datenschädlingen. Hierzu nimmt Chrome regelmäßig eine Verbindung zu Google auf, um eine Kopie einer Liste mit als problematisch eingestuften Angeboten herunterzuladen. Landet ein Nutzer auf einer solchen Seite, wird laut Datenschutzbedingungen "von Ihrem Browser eine verschlüsselte Kopie eines Teils der URL dieser Website an Google gesendet", so dass Google "weitere Informationen über diese potenziell gefährliche URL" an Chrome schicken kann. Auch dieses Verhalten lässt sich nur abschalten, wenn man auf die an sich nützliche Funktion "Sicheres Browsing" verzichtet.
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