Good Governance bei der Fifa: Ein Wächter für Sepp Blatter
Bei der Fifa werden neue Wege eingeschlagen. Der Strafrechtler und Anti-Korruptionsexperte Mark Pieth soll den Fußballweltverband ordentlich ausmisten. Keine leichte Aufgabe.
BERLIN taz | Das Intransparenz-Problem der Fifa soll ein Transparenz-Fachmann lösen. Der Schweizer Strafrechtler Mark Pieth wurde am Mittwoch auf einer Fifa-Pressekonferenz als Chef der "Good Governance"-Kommission des Fußballweltverbandes vorgestellt. "Ich kann beraten, aber die Fifa muss sich letztlich selbst reformieren", sagte er.
Pieth will als Coach und nicht als Ankläger fungieren. Die Fifa müsse wieder auf den rechten Weg geführt werden. "Wir stehen am Beginn eines Prozesses. Es ist harter Stoff, den wir der Fifa zumuten werden", versprach er. Sollte es bei der Umsetzung seiner Pläne hapern, dann lege er sein Amt ganz schnell nieder, drohte der Schweizer. "Ich bin ein Mann klarer Worte." Am 17. Dezember wird bekannt, wer neben Pieth in der Reform-Kommission sitzen wird.
Pieth untersucht seit zwei Jahrzehnten Schwarzkonten und sinistre Geldflüsse. Der Basler Uniprofessor, zugleich Chef einer OECD-Arbeitsgruppe, die sich mit Bestechung in der Wirtschaft befasst, ist ein anerkannter Fachmann auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung.
So hat Pieth beispielsweise bestechliche UNO-Mitarbeiter entlarvt, die sich beim Öl-gegen-Lebensmittel-Programm der Vereinten Nationen persönlich bereichert haben. Das Programm sollte es dem Irak trotz der 1990 von der UNO verhängten Wirtschaftssanktionen ermöglichen, auf dem Weltmarkt Öl gegen humanitäre Güter einzutauschen.
Immunität nach dem Schweizer Antikorruptionsgesetz
Dass Fifa-Chef Sepp Blatter ausgerechnet Mark Pieth an die Spitze der Kommission für vorbildliche Verbandsführung beruft, überrascht doch ein wenig, denn der 58-Jährige hat sich in der Vergangenheit als scharfer Kritiker der Fifa hervorgetan. So hat Pieth vorgeschlagen, dass für Mitglieder der Fifa oder des Internationalen Olympischen Komitees die gleichen Strafbestimmungen gelten müssten wie etwa für Angehörige der UNO.
Der Sonderstatus von in der Schweiz ansässigen Spitzensportverbänden müsse überdacht werden, forderte er 2010. Die Verbände jonglierten mit Milliardenbeträgen, zahlten aber so gut wie keine Steuern. Außerdem genießen ihre Funktionäre quasi Immunität nach dem Schweizer Antikorruptionsgesetz.
Im letzten großen Fifa-Korruptionsfall, der um die Vermarktungsagentur ISL kreiste, sah Pieth "unheimliche Prozesse" ablaufen. Die Fifa verhalte sich nach dem Prinzip "Augen zu und durch". Diese Dinge liegen in der Vergangenheit, und da will Pieth sie auch belassen. Er will nur die Rolle des unabhängigen Fifa-Reformators bekleiden, der den Fußballweltverband in eine rosige Zukunft führt. Dafür lässt er sich auch bezahlen. Einen Interessenkonflikt sieht er darin nicht. "Das beschädigt meine Unabhängigkeit gar nicht", sagte er.
Sepp Blatter ist kein leichter Gegner
Pieths Team hat in den nächsten Wochen viel zu tun. Blatter will die Kontrolleure mit Berichten von vier Fifa-internen "Task Force"-Gruppen überhäufen. Danach sollen Reformempfehlungen ausgesprochen werden. Ein paar Vorschläge hatte der Professor auch schon am Mittwoch im Gepäck, als er im "Home of Fifa" auftrat.
Zuallererst müssten die häufigen Interessenkonflikte der Fifa-Mitglieder angegangen werden, auch die Zuständigkeitsbereiche der verschiedenen Kommissionen müssten klarer sein. Fifa-Mitglieder sollten nach einer gewissen Zeit aus dem Verband ausscheiden. Die Fifa müsse sich überdies Führungsprinzipien unterwerfen, wie sie große Unternehmen pflegen.
Mark Pieth, der nun den Fifa-Retter spielen soll, sieht sich in einer Double-Bind-Situation, also in einem Dilemma. "Ich nehme ein gewisses Risiko auf mich." An Sepp Blatter haben sich schon andere die Zähne ausgebissen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben