Gomez tritt aus Nationalelf zurück: Das schwäbische Stehaufmännchen
Mario Gomez verkündete am Sonntag seinen Rücktritt aus der DFB-Elf. Seine Karriere beim DFB war geprägt von zahlreichen Aufs und Abs.
Gomez musste so einige Rückschläge in seiner Karriere hinnehmen. Er stand meist im Schatten anderer Stürmer wie Miroslav Klose, Lukas Podolski oder Timo Werner – und war als Spieler bei Fans der Nationalmannschaft zuweilen ungewollt. Dabei glänzte er mit Leistungen im Verein, zunächst bei Stuttgart, später bei den Bayern, die zu deutschen Meisterschaften und sogar zum Champions-League-Titel führten und ihn dafür prädestinierten, in der Nationalmannschaft Verantwortung zu übernehmen.
Doch in den entscheidenden Spielen des DFB lieferte Gomez zu selten ab, schoss bei 20 EM- und WM-Auftritten lediglich 5 Tore. Gerade nach seiner vergebenen Chance in besagtem EM-Spiel haderte er mit der öffentlichen Kritik. In einem Interview mit dem Tagesspiegel sagte er 2016: „Die Erwartungen waren riesig. Dann dieser Fehlschuss. […] Das war schwer zu verarbeiten für mich damals mit Anfang 20.“
Nachdem Gomez in der Saison des Münchner Champions-League-Sieges 2012/13 durch die Verpflichtungen Claudio Pizarros und Mario Mandzukics zu weniger Einsätzen für die Bayern gekommen war, zog es ihn nach Italien zum AC Florenz. Dort konnte er in zwei Spielzeiten verletzungsbedingt nie Fuß fassen und verpasste dadurch letztlich auch den Sprung in den WM-Kader 2014. Dass Deutschland mit Mario Götze und Miroslav Klose als einzigen „Stürmern“ den Weltmeisterschaftstitel gewann, bestätigte viele Kritiker in ihrer Annahme, die DFB-Elf sei stärker ohne Gomez und brauche diesen nun definitiv nicht mehr. Seine Karriere in der Nationalmannschaft schien damit beendet.
Comeback bei der EM 2016
Doch Gomez kam zurück. Nach seiner Leidenszeit in Florenz wechselte er 2015 zu Besiktas Istanbul. Er schoss seine Mannschaft mit 26 Toren in 33 Ligaeinsätzen quasi im Alleingang zur türkischen Meisterschaft und sich selbst zur Teilnahme an der EM 2016. Dort kam er vom zweiten Spieltag bis zum Viertelfinale in jeder Partie zum Einsatz. Und als er verletzungsbedingt das Halbfinale gegen Frankreich verpasste, verlor Deutschland prompt mit 0:2. Dem Spiel von Jogi Löws Team fehlte ein echter Mittelstürmer. An diesem Punkt, so schien es, vermisste die Öffentlichkeit Mario Gomez zum ersten Mal auf dem Feld. Wenn auch zum letzten Mal.
Denn obwohl Gomez 2018 nach seiner Rückkehr zum VfB Stuttgart eine erfolgreiche Rückrunde mit acht Toren spielte, so sahen viele Experten und Fans eher den robusteren, wenn auch charakterlich schwierigeren Sandro Wagner als Joker hinter Stürmer Timo Werner im DFB-Kader für die Weltmeisterschaft in Russland. Auch Spieler wie Mark Uth, Kevin Volland oder Nils Petersen bewegten sich auf einem ähnlichen Niveau wie Gomez. Löw entschied sich jedoch erneut für sein schwäbisches Stehaufmännchen. Das Ergebnis ist bekannt: Deutschland schied schon in der Vorrunde aus dem Turnier aus. Und Gomez gelang in den 88. Minuten, die er auf dem Feld stand, kein einziger Treffer.
Gestern beendete Gomez einen Monat nach dem Aus bei der WM seine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft, die für ihn, wie er selbst sagt „sportlich nicht immer einfach, nicht immer erfolgreich und doch wunderschön“ war. Dies war letztendlich ein richtiger Entschluss. Denn so bestimmten weder Bundestrainer Joachim Löw noch die kritische Öffentlichkeit über Gomez' Abschied, sondern nur er selbst. Und wer weiß, ob nicht in zwei Jahren Not am Mann ist und er für die Europameisterschaft doch zurückkehrt. Gomez schreibt in seinem Rücktritts-Posting, er würde in diesem Fall „dann selbstverständlich bereitstehen“. Erfahrungen in Sachen Comebacks hat er ja bereits.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten