Goldrausch bei Facebook-Adressen: Der eigene Name muss es ein
Die URL eines Facebook-Profils ist eher unschön und schlecht zu merken. Künftig soll es möglich werden, sich mit dem eigenen Namen zu präsentieren. Am Samstag startet der große Run.
Die Blogosphäre in den USA kannte in den letzten Tagen kaum ein heißeres Thema: Das populäre soziale Netzwerk Facebook baut sein Adresssystem um, über das der Rest der Welt die Profile seiner Nutzer, auf denen sie sich darstellen können, erreicht.
Bislang erhielten nur auserwählte User, etwa Medienvertreter, Silicon-Valley-Größen oder Stars, leicht merkbare Adressen wie "facebook.com/name". Alle anderen mussten mit einem unschönen wie unpersönlichen "facebook.com/profile.php?id=123456" auskommen. Ab Samstag, 0:01 US-Ostküstenzeit (dass entspricht 6.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit) ändert sich das. Dann bricht der große Facebook-Adressen-Goldrausch aus: Jeder, der rechtzeitig vorbeischaut, kann sich einen noch freien Wunschnamen schnappen.
Das ganze läuft nach dem Prinzip "First come, first serve". Facebook-Designer Blaise DiPersia, der den Plan im offiziellen Blog des sozialen Netzwerks bekannt gab, warnte aber, dass es nur einmal möglich sein wird, sich einen Namen auszusuchen - ein späterer Wechsel ist nicht mehr erlaubt. Als zusätzliches Goodie soll es Nutzern mit eigener Adresse erleichtert werden, über Google auffindbar zu sein. Das kann man aber, sollte man Wert auf seine Privatsphäre legen, auch abschalten. Wer sein Profil zudem erst nach dem 31. Mai eröffnet hat, könnte überhaupt Probleme bekommen, an der Adresswahl teilzunehmen - solche Nutzer werden zum Schutz vor Missbrauch nur teilweise zugelassen, da Facebook diese Personen nicht lange genug "kennt".
Online-Experten wundern sich derweil über den großen Hype. Blog-Unternehmer Anil Dash meint, es sei doch viel schlauer, sich einfach eine eigene Internet-Domain zu besorgen, die dann auf Wunsch auf das Facebook-Profil zeigen könnte: "Die besitzt man dann auch." Trotzdem glaubt auch er, dass es zu einem wahren Goldrausch kommen könnte und sagt in einem satirischen Artikel voraus, dass gleich zu Anfang diverse Namen bekannter Internet-Persönlichkeit und Unternehmen besetzt werden dürften, wie man dies bereits von regulären Netzadressen kennt. Er wettet, das schnell "Das große Facebook-Nutzernamen-Debakel" zu einem Kampfbegriff der Netzszene wird.
Das Silicon-Valley-Klatsch-Weblog "Valleywag" nennt Facebooks Pläne gleich "die possierlichste Landnahme, die Sie ignorieren sollten". "Traurige Web-Nerds planen, Freitagnacht an ihrem Rechner zu bleiben, um kurze, leicht zu merkenden Facebook-Adressen zu ergattern - "facebook.com/traurigerwebnerd" beispielsweise." Echte Geeks wüssten aber, "warum das doof sei", eben weil längst die Möglichkeit bestehe, sich eigene Top-Level-Adressen für wenige Dollar zu registrieren. IT-Kolumnist Robert X. Cringely glaubt, es gehe der ganzen Sache vor allem "um digitalen Narzissmus".
Andere Marktbeobachter wundern sich unterdessen, warum Facebook für die offensichtlich sehr begehrten Adressen nicht einfach Geld verlangt, um seinen Cashflow anzukurbeln. Tatsächlich sucht das Unternehmen, das derzeit rund 100 Millionen Dollar Umsatz im Jahr macht, aber noch nicht profitabel ist, seit langem nach tragbaren Geschäftsmodellen. Die sollten eigentlich aus dem Bereich der Werbung kommen, doch sind sich Markenartikler noch immer nicht ganz sicher, wie sie Nutzer, die in sozialen Netzwerken vor allem kommunizieren wollen, wirklich ideal erreichen. Vielfach nervt Reklame die Facebook-Nutzer nämlich nur und sie ignorieren sie oder klicken sie weg.
Der Betrieb des Angebots ist aber sehr teuer: So laden die User jeden Tag Millionen Fotos hoch und verursachen enormen Datenverkehr. Premium-Dienste könnten hier eine interessante Erlösquelle darstellen, doch bislang hat sich die Firma um den 25jährigen Chef Mark Zuckerberg hier zurückgehalten. Offiziell heißt es, man sei mit seinem Werbegeschäftsmodell längst auf Erfolgskurz und werde bald erstmals schwarze Zahlen schreiben. Aktuell hat Facebook weltweit rund 200 Millionen Mitglieder, wächst besonders außerhalb Europas stark. Hier zu Lande sind StudiVZ und wer-kennt-wen.de die größten Konkurrenten.
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