■ Mit den US-Banken auf Du und Du: Goldene Zeiten
Berlin (taz) – Die Manager der US-Banken können aufatmen. Anders als in den vergangenen Jahren konnten sie im Jahr 1992 Rekordgewinne verbuchen, wie jetzt der Bankeninformationsdienst Sheshunoff Information Services meldete. Mit 31,6 Milliarden Dollar Gewinn liegt das Ergebnis fast 80 Prozent über dem des Vorjahres. Nur noch 6 Prozent der immerhin 11.450 US-amerikanischen Geschäftsbanken schreiben rote Zahlen. Die erwartete Pleitewelle ist damit fürs erste abgewendet.
Den Banken kam es zugute, daß sich der Immobilienmarkt in den USA stabilisiert hat; faule Kredite für gescheiterte Immobilien hatten zuvor zu den Hauptgründen für die Schwierigkeiten der Banken gehört. Die Banken konnten außerdem im vergangenen Jahr die Früchte ihrer Rationalisierungsmaßnahmen ernten. Den Kostensenkungsprogrammen waren dabei Zehntausende von Arbeitsplätzen im Bankensektor zum Opfer gefallen. Citicorp, die größte US-Bank, hat in den letzten zwei Jahren rund 18.000 Arbeitsplätze gestrichen, fast ein Fünftel aller Stellen. 1992 schrieb sie nun wieder schwarze Zahlen — und der Wert der Citicorp-Aktien hat sich fast verdoppelt.
Auch die zahlreichen Bankenfusionen in den letzten Jahren haben sich offenbar ausgezahlt. Die Chemical Banking Corporation, die 1991 aus dem Zusammenschluß von Manufacturers Hanover und der Chemical Bank entstanden war, und die ebenfalls aus einer Fusion hervorgegangene Nationsbank verzeichneten gleichfalls gute Gewinne.
Aber der Jubel der Banker ist nicht ungetrübt. Ein Grund für die guten Geschäfte war nämlich, daß die Zinsen für kurzfristige Kredite ausgesprochen niedrig waren. Die Banken nahmen also selbst kurzfristiges Geld billig auf und vergaben zugleich längerfristige teurere Kredite an ihre Kunden. Steigen nun die Zinsen für die kurzfristigen Kredite, fahren die Banken Verluste ein. Außerdem laufen den Banken die Kunden weg. Unternehmen beschaffen sich Geld immer häufiger direkt per Anleihe auf dem Kapitalmarkt, anstatt Kredite von den Banken aufzunehmen. Private KundInnen hingegen zieht es zu den Kreditkarten-Unternehmen, die in den USA nicht zu den Banken gehören. Aber immerhin: die Bankenaufsicht erklärte die Vertrauenskrise, unter der die Banken in der Folge der pleiteträchtigen Firmenübernahmeschlachten und Immobilienspekulationen gelitten hatten, für beendet. lieb
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