Glosse: Ehe ist anders
■ Perschau macht im TV in Sachen Homo-Ehe auf Verfassungspatriot
Das war ein hartes Wort. Ganz direkt wagte Bürgermeister Hartmut Perschau (CDU) nicht, die Sache anzusprechen. Die Tendenz war aber klar: Der Christdemokrat wird vermutlich in nächster Zeit eine Gesetzesinitiative in Bremen starten, mit der das Heiraten ab einem bestimmten Alter verboten werden soll. Auch zeugungsunfähige Paare sollen sich nicht mehr ehelichen können.
5,11 Millionen Zuschauer hingen am Sonntag Abend an Perschaus Lippen, als er bei Sabine Christiansen streng am Grundgesetz gegen die Homo-Ehe argumentierte. Das Grundgesetz sage, Ehe sei die Verbindung von Mann und Frau und darauf angelegt, eine Familie zu bilden. Es sei aber nicht der Sinn einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, Kinder zu haben. Ergo: Keine Zeugungskraft, kein Recht auf Ehe.
Henning Scherf hatte schon im Vorfeld angekündigt, wegen der CDU-Haltung zur Homo-Ehe keinen Koalitionskrach riskieren zu wollen. Doch jetzt wird es heikel für den Regierungschef: Sowohl die Senioren-Vertretung als auch die Bremer in-Vitro-Fertisilations-Vereinigung übten gestern scharfe Kritik an der befürchteten Gesetzesinitiative der Bremer CDU. Auch die Vereinigung der Kleingärtner kündigte Proteste an und forderten Scherf auf, „seine Schwestern und Brüder so innig zu lieben wie die Standard-Scherf-Umarmung“. Ansonsten werde „umgepfercht“.
Zu Gute gehalten wurde Perschau, dass er Schwul-und Lesbischsein als Privatsache deklarierte. Homo-Verbände hatten im Vorfeld die Befürchtung geäußert, Perschau wolle am Roland den mittelalterlichen Pranger wieder installieren lassen. Homosexuelle CDU-Politiker hätten ihn aber davon abgehalten, hieß es. Der Pranger soll nun im Finanzressort aufgebaut werden. Christoph Dowe
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