Globale Mindeststeuer für Unternehmen: 130 Staaten einigen sich
Große Konzerne sollen künftig 15 Prozent auf ihre Profite entrichten. 130 Staaten machen mit. Irland, Estland, Ungarn und andere bremsen noch.
„Die erzielte Einigung zur globalen effektiven Mindestbesteuerung ist ein kolossaler Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der sich für das Abkommen eingesetzt hatte. Die EU-Steuerbeobachtungsstelle schätzt die Zusatzeinnahmen für die gesamte Europäische Union auf 50 Milliarden Euro pro Jahr. Deutschland könnte danach mit mindestens sechs Milliarden, Frankreich mit fünf Milliarden pro Jahr profitieren.
Die OECD rechnet mit Zusatzeinnahmen der Staaten in der Größenordnung von insgesamt 150 Milliarden Euro, andere ExpertInnen halten diese allerdings für viel geringer. „Dieses Paket beendet nicht den Steuerwettbewerb – was es auch nicht sollte – doch es setzt ihm Grenzen“, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann.
Grundsätzlich verhandelten die Regierungen über zwei Komplexe. Erstens: die Mindeststeuer. Für international tätige Firmen mit über 750 Millionen Euro Umsatz soll nun eine einheitliche Untergrenze von 15 Prozent auf Gewinne eingeführt werden. Wenn ein in Deutschland ansässiges Unternehmen einen Teil seiner Einnahmen im Ausland mit weniger als 15 Prozent versteuert, dürften die hiesigen Finanzämter bis zu dieser Grenze nachversteuern.
Das würde der Steuerverlagerung ins Ausland und den Geschäftsmodellen von Steueroasen teilweise die Grundlage entziehen. Manche verlangen heute nur wenige Prozent Steuern – oder gar keine. Andererseits sind 15 Prozent immer noch relativ niedrig: In Deutschland beträgt die kombinierte Körperschaft- und Gewerbesteuer rund 30 Prozent. Weltweit sind 7.000 bis 8.000 Firmen von der Neuregelung betroffen.
Kaum Steuern von den Riesenkonzernen für Europa
Zweitens: die Steuerverteilung. Riesenkonzerne wie Amazon, Facebook und Google zahlen bisher eher dort Abgaben, wo ihre Konzernzentralen stehen, und weniger in den Ländern, in denen ihre Kundinnen und Kunden wohnen. Europa und Deutschland erhalten deshalb kaum Steuern der Internetkonzerne, obwohl sie hier Milliarden verdienen.
Für ungefähr 100 Unternehmen weltweit, die mehr als 20 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaften, soll sich das bald ändern. Die US-Digital-Firmen müssen dann einige Milliarden mehr in Europa entrichten, hiesige Unternehmen wie VW und Daimler allerdings auch etwas mehr in den USA oder China. Britische Banken sollen offenbar von einer Ausnahme profitieren.
Einigung als globaler Standard
Insgesamt waren 139 Staaten an den Verhandlungen beteiligt. Neun von ihnen haben sich dem Kompromiss zunächst nicht angeschlossen, darunter Irland, Ungarn und Estland. Irland bietet den Niederlassungen ausländischer Firmen wie Facebook sehr niedrige Steuersätze. Für die Umsetzung der Vereinbarung in der EU bereitet das Probleme: Für die geplante Richtlinie ist Einstimmigkeit der EU-Mitglieder nötig.
Eine Notlösung besteht allerdings im koordinierten Vorgehen einer Anzahl von EU-Staaten. Möglicherweise würde die irische Regierung dann beidrehen. Sowieso geht man im Bundesfinanzministerium davon aus, dass sich die Einigung als globaler Standard durchsetzen werde. Die Minderheit von etwa 60 bisher nicht mitwirkenden Staaten werde sich anpassen, da der Druck der Mehrheit zu groß sei. Die Länder im Abkommen repräsentieren nach Einschätzung der OECD etwa 90 Prozent der Wirtschaftsleistung der Welt.
Umgesetzt werden soll das Abkommen 2022, ein Jahr später könnte es in Kraft treten. Ende kommender Woche sollen die Industriestaaten der G20 bei einem Treffen offiziell zustimmen.
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