: Gleise erschüttern
■ Die Hamburger Ska-Punker Rantanplan spielen gegen Castor-Transporte
„Eigentlich“, setzt Torben, Sänger von Rantanplan an, „finden wir Parteien nicht so klasse.“ Zum Beispiel, wenn sie Castoren durch eine Stadt wie Hamburg rollen lassen. „Wahlkampf betreiben wollen wir sicher nicht.“ Trotzdem werden am Freitagabend Rantanplan und die Punkband So What aus Bottrop die Castor-Schienen auf der Sternbrücke rocken. Und der wahlkämpfende Regenbogen verteilt die Einladungen zur Veranstaltung „Stay Tuned – Stopp Castor“.
Wird es Gleisbesetzungen geben? „Wir wollen konkrete politische Projekte unterstützen. Aber in unseren Konzerten sollen die Leute Spaß haben, tanzen und entspannen. Der Alltag ist schrecklich genug.“ Ja, was denn nun – Agitprop, Wahlkampfpop oder Partyrock? „Wenn die Revolution nicht tanzbar ist, sind wir nicht dabei“, resümiert Torben. Aber 15 Mark darf sie der Anti-Castor-Crowd schon wert sein, die Revolution, oder? „Wir spielen ohne Gage, das Eintrittsgeld geht an den Aktionskreis gegen Atomkraft und wir finanzieren uns so unseren MMKW.“ Euren NKWD? „Das heißt Mobiler Musik Kampf Wagen, unsere fahrbare Bühne im Wendland, bei der nächsten Castor-Demo im Oktober oder November.“
Schön. Rantanplan werden also entweder in Gorleben auf offener Bühne erfrieren oder können sich nach dem etwas anderen Open-Air ihre tränengasverseuchten Gitarren und Blasinstrumente an den Hut stecken. Ob das auch die WählerInnenvereinigung bezahlt? „Das ist ein Beitrag des Regenbogens für eine lebendige Widerstandskultur, frei nach dem Motto: Opposition machen wir mit links“, erklärt der Regenbogen-Punkrock-Beauftragte, Dirk Seifert, auf Nachfrage der taz Hamburg. „Wir wollen klar machen, dass Politik keineswegs nur eine Sache dröger Saalveranstaltungen oder nächtlichen Schienensitzens ist.“
Eingemauert tanzt es sich auch nicht so gut. Mit Rantanplan hat man einen Volltreffer gelandet: Ska und Punk, straight nach vorne, Schienen erschütternd, mit smoothen Bläseroffbeats für verspannte Gleisbesetzer-Hüften.
„Rantanplan – Roter Alarm! Platz da – aus der Bahn!“ singen die sechs Hamburger auf ihrer letzten CD Samba. Ob das am Tag X getextet wurde? Passen würde es in jedem Fall. Markus Flohr
mit So What: Freitag, Fundbureau (Stresemannstraße 114). Vor dem Konzert wird ab 20 Uhr der Anti-Castor Film Slowmotion gezeigt, danach gibt es „leichte Beatmusik“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen