Gleichstellung an Berliner Unis: Ab jetzt „Studierendenwerk“
Das Berliner Studentenwerk ändert seinen Namen. Insgesamt rund 800.000 Euro könnte die Umstellung auf „Studierendenwerk“ kosten.
Am vergangenen Gründonnerstag jagte das Studentenwerk Berlin eine folgenreiche Pressemitteilung durch den Verteiler: nach 44 Jahren seine letzte unter diesem Namen.
Nicht, dass die Anstalt des öffentlichen Rechts plötzlich die Beratung für Studieninteressierte an den 19 Berliner Hochschulen und der Charité einstellen würde. Vielmehr ging es darum: Ab dem heutigen Dienstag heißt das Studentenwerk aus Gleichstellungsgründen offiziell „Studierendenwerk“. Damit ändert sich künftig auch der Absender der Pressemitteilungen. Und noch einiges mehr.
Bis zum Jahr 2022 sollen nun schrittweise Tafeln und Hinweisschilder ausgetauscht, die Website überarbeitet, neue Flyer und Briefpapier bedruckt, sowie neue Visitenkarten für die 1.075 MitarbeiterInnen bedruckt werden – von denen übrigens 795 Frauen sind.
Gleichstellung schon im Namen
Insgesamt 800.000 Euro hat das Berliner Abgeordnetenhaus, das die Umbenennung im Februar 2016 beschloss, als Kosten für die Umbenennung veranschlagt. Damit, heißt es in der E-Mail, soll „die Gleichbehandlung von Studentinnen und Studenten bereits im Namen der Einrichtung manifestiert werden“.
Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte den Entwurf zur Änderung des Studierendenwerksgesetzes in den zuständigen Wissenschaftsausschuss eingebracht. Die Frauenbeauftragten der Berliner Hochschulen sowie die studentischen VertreterInnen im Verwaltungsrat des Studentenwerks hätten sich die Umbenennung gewünscht, begründete Scheeres damals im Ausschuss den Vorstoß. Zudem hätte sich längst der geschlechtsneutrale Begriff „Studierende“ an Berliner Hochschulen durchgesetzt.
Kritik kam vor allem von der CDU: So empfand Stefan Schlede den Vorstoß als „Verballhornung der deutschen Sprache“ und warnte vor „Genderismus“. Im Ausschuss stimmten dann aber alle Fraktionen für die Umbenennung. „Die Änderung ist absolut zeitgemäß, andere Bundesländer haben das schon längst erledigt“, begrüßte Grünenpolitikerin Anja Schillhaneck die Umbenennung mit Blick auf Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg.
„Genderwahn“
Trotz der breiten Zustimmung war vor allem die veranschlagte Summe über 800.000 Euro ein Stein des Anstoßes: „Der Genderwahn kostet Berlin fast eine Million Euro“, titelte damals die B.Z. CDU-Mann Schlede erschien es „nicht sinnvoll“, mehrere hunderttausend Euro für die Umbenennung des Studentenwerks auszugeben.
Dabei hatte Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft, erklärt, dass 800.000 Euro nur dann fällig würden, wenn sofort alle Schilder und Materialien sofort ausgetauscht würden. Wegen der Frist bis 2022 werde die Umbenennung tatsächlich aber „fast nichts“ kosten, so müssten Sachen wie Briefpapier dann ohnehin angeschafft werden.
Für die Allgemeinen Studierendenausschüsse ist jedenfalls klar: Da die weiblichen Studierenden bis 2022 rund 54 der 109 Millionen Euro an Beiträgen zum Studierendenwerk zahlen, müssen sie sich auch im Namen wiederfinden: Warum also, fragt eine AStA-Referentin, sollte es nur nach Männern benannt sein?
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