■ Gleichgestellt beim Arbeitslosengeld: BSG-Urteil: Unverheiratete gelten wie Eheleute
Kassel (dpa/taz) – Wer seine Stelle kündigt, weil er zu seinem unverheirateten Lebenspartner ziehen will, muß nicht mehr fürchten, daß das Arbeitsamt ihm eine Zeitlang das Arbeitslosengeld verweigert. Diese Entscheidung veröffentlichte gestern das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel unter dem Aktenzeichen B7 AL56/97 R.
Der Entscheidung lag der Fall einer Frau aus Essen zugrunde, die ihre Arbeitsstelle gekündigt hatte, um zu ihrem Lebensgefährten nach Schleswig-Holstein zu ziehen. Das Arbeitsamt sah den Umzug nicht als „wichtigen Grund“ für eine Kündigung an und sperrte der Frau zeitweilig das Arbeitslosengeld. Wären die beiden verheiratet gewesen, hätte das Amt vom ersten Tag an gezahlt. Die Klägerin hatte argumentiert, bei der Prüfung der Bedürftigkeit für die Arbeitslosen- und Sozialhilfe würden schließlich auch eheähnliche Verhältnisse berücksichtigt. Hierbei würden Partner ohne Trauschein wie Ehepartner behandelt und verpflichtet, einander zu unterstützen. Dieses Prinzip müsse auch im Falle des Umzugs zum Lebenspartner gelten.
Die Siebte Kammer des BSG gab der Klägerin recht. Der Fall muß neu verhandelt werden. Die Vorinstanz hat zu prüfen, ob die Klägerin mit ihrem Freund tatsächlich in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Nach Auffassung der Kammer ist dies der Fall, wenn die Partnerschaft auf Dauer angelegt ist, sich durch eine innere Bindung auszeichnet, über eine reine Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht und seit mindestens drei Jahren besteht. In ihrem Urteil legen die Richter Wert darauf, daß die Umzugswillige sich vor der Kündigung am neuen Wohnort intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemüht hat.
Sollte sich die Vorinstanz der Auffassung der Siebten Kammer anschließen, muß die Elfte BSG- Kammer das Urteil anschließend bestätigen. Diese Kammer allerdings hatte im März geurteilt, der Umzug eines Unverheirateten zu einem Partner sei kein „wichtiger Grund“ für das sofortige Zahlen des Arbeitslosengeldes. roga
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