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Gleiches Recht für Nichtverheiratete

■ Bundesgerichtshof stärkt Mieterschutz für Trauscheinlose

Karlsruhe (AFP/taz) – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Mieterschutz für nichteheliche Lebenspartner entscheidend verbessert. Stirbt der eine Partner, kann der Überlebende der gemeinsamen Wohnung wie ein „zum Hausstand gehörender Familienangehöriger“ den Mietvertrag übernehmen. Was bislang nur den Verheirateten gewährt war, gilt nun also auch für die „Wilden“.

Damit werde der „erheblichen Zunahme“ wilder Ehen und ihrer „weitgehenden Akzeptanz in der Bevölkerung Rechnung getragen“, heißt es in der gestern in Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung. Ausgeschlossen von dieser längst fälligen Gleichstellung sind nach wie vor die Schwulen und Lesben, egal wie eheähnlich sie auch immer zusammenleben mögen.

Der jetzige Beschluß des BGH wendet das geltende Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend an. Nach dessen Wortlaut nämlich treten nach dem Tod des Mieters lediglich zum Hausstand gehörende „Familienangehörige“ in das Mietverhältnis ein. Begründung für die jetzige Ausweitung auf die „Wilden“: Angesichts der Ähnlichkeit „mit einer Ehe oder einer sonstigen familiären Beziehung“ kann selbst das Fehlen einer formalrechtlichen Bindung die analoge Anwendung nicht ausschließen.

Bei seiner Definition der „eheähnlichen Gemeinschaft“ hielt sich der Senat an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vom November letzten Jahres. Danach bedarf es einer so engen Bindung zwischen den Partnern, daß von ihnen eine gegenseitiges Einstehen „in den Not- und Wechselfällen des Lebens“ erwartet werden könne. Die zuständigen Gerichte müssten dies im Einzelfall überprüfen. „Indizien“ seien die Dauer des Zusammenlebens, gegenseitige Kontenvollmachten oder die Versorgung von gemeinsamen Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Hausstand.

Auch in ihrer inhaltlichen Auslegung des geltenden Mietrechts schloß sich der BGH einer Entscheidung des BVG an: Die Zielrichtung des geltenden Mietrechts sei der Schutz des bisherigen Lebensmittelpunktes der Menschen, die mit dem Mieter in einem Haushalt gelebt hätten. Daher sei die Regelung auch auf wilde Ehen anzuwenden. Diese sogenannte „gesetzesanaloge Auslegung“ sei vertretbar, weil der Gesetzgeber wilde Ehen auch in anderen Bereichen schon mit Ehen gleichgesetzt habe und weil „Gesetze einem Alterungsprozeß unterworfen sind“.

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