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Gleiches Recht drinnen und draußen

■ Ärzte und AIDS-Hilfe fordern Spritzenverteilung im Knast

„Ein Insulin-Kranker bekommt ohne Schwierigkeiten auch im Knast seine sauberen Spritzen. Ein Heroinkranker dagegen nicht. Als Arzt und Infektionshygieniker ist es mir absolut unverständlich, warum man diesen Menschen keine sauberen Spritzen zur Verfügung stellt.“ Für Alfons Nettesheim, Seuchenreferent und Hafenarzt im Gesundheitsressort, ist die Weigerung von Bremens Justizbehörden, im Gefängnis Spritzen zu verteilen, unverantwortlich.

Durch Spritzen könne die „existentielle Bedrohung“ der Menschen hinter Gittern durch Infektionen mit HIV/AIDS und teilweise tödlichen Formen der Hepatitis massiv gedrosselt werden. 30 bis 40 Prozent aller Häftlinge in Bremen, schätzt der Arzt, sind drogenabhängig. Von den 2.000 Inhaftierten in Bremen sind schätzungsweise etwa 300 HIV-positiv .

Mit dem Seuchenreferent einer Meinung sind der Bremer Drogenbeauftragte Ingo Michels und Heino Stöver vom Verein Kommunale Drogenpolitik. Ihre Forderung, die sie gestern gemeinsam öffentlich wiederholten, zielt aktuell auf den Freitag: Da nämlich wird die Justizdeputation tagen – Und das Thema „Spritzenabgabe an Gefängnisinsassen“ steht dann auf der Tagesordnung.

Für alle ist klar: Gefängnisse sind keine sex- und drogenfreien Räume, auch wenn es das Gesetz so vorschreiben sollte. Das wird inzwischen auch von den Justizverwaltungen der Länder und vom Bundesgesundheitsmimisterium eingestanden, wie die Deutsche Aids-Hilfe in ihrer Dokumentation „Infektionsprophylaxe im Strafvollzug“ anführt. Da sei es schlicht unverantwortlich und nicht hinnehmbar, daß es hinter Gittern schlechtere Bedingungen für Drogenabhängige gebe als draußen. „Der Grundsatz auch der Weltgesundheitsorganisation in dieser Frage ist: Gleiche Standards für drinnen und draußen“, meinte der Drogenbeauftragte Michels.

Die Schweiz sei da weiter, meinte Heino Stöver. Er habe Gefängnisse besucht, wo es Spritzenautomaten gebe. „Der Drogenkonsum hat da weder zu- noch abgenommen“, argumentierte er gegen den Vorbehalt, freie Spritzen brächten erst recht viele Häftlinge an die Nadel. Und auch die Angst der BeamtInnen vor Spritzen als Waffen sei unbegründet: „Sowas ist noch nie vorgekommen, und wer im Knast eine Waffe sucht, findet sie woanders.“ bpo

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