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Glameinander

„Models Parking Cars“: Collagen, Videos und Zeichnungen von Erik Schmidt in der Galerie Gebauer

Models tragen Designerkleider. Models essen in Orangensaft getunkte Watte, gegen das Grimmen im Magen vor den Shows, aber Models parken keine Autos. Wahrscheinlich ist Autos parken einfach zu profan für die lichten Glamourgestalten mit den flachen Bäuchen. Deswegen hält die Ausstellung „Models Parking Cars“ von Erik Schmidt auch nicht, was ihr Titel verspricht. Es gibt zwar sowohl junge Schönheiten als auch weniger schöne Fahrzeuge zu sehen, aber geparkt werden die Autos nicht von Models.

Dagegen entpuppt sich der junge Herr in den schicken Klamotten, der in einer Videoprojektion einen Twingo quer durch Berlin ein- und ausparkt, als der Künstler höchstpersönlich. Dass er kein männliches Mannequin ist, hätte man sich schon denken können, denn seine Wangenknochen sind einfach nicht definiert genug, um in der Laufsteg-Liga mitzuspielen. Der Titel meint vielmehr die verschiedenen Medien, die Schmidt nebeneinander stellt: „Models“ – Hochglanz-Zeitschriftenausrisse mit Kugelschreiber verändert; das Video „Parking“; Zeichnungen und Gemälde von Autos – „Cars“.

Die Autos sind in Öl gemalt, ein stilistischer Rückgriff auf den Pointillismus. In den kleineren Arbeiten mit Tinte und Kugelschreiber auf Pergament sind sie nur noch Konturen oder Umrisse, die sich in viele kleine Kreise auflösen, bevor sie ganz verschwinden. Die Autos parken alle, sie bewegen sich nicht, auch wenn sie mitten auf der Straße stehen.

Der Sound bringt hier alles zusammen: Ein netter Lounge Beat, der sich in ständiger Wiederholung durch die Galerieräume frisst, dazu Schmidts Stimme. Sie liest ihre pseudoindividuellen Statements ab, ungelenk wie ein Viertklässler. So entleert sich der Sinn des Gesagten, es bleiben Versatzstücke, die einen vielleicht noch durch das Geplauder beim Opening bringen könnten: ein bisschen Krankheitsgeschichte, ein paar Befindlichkeitserklärungen. Statt individueller Zugänge stellt Schmidt heraus, wie sehr sich doch alle gleichen, wenn Kaufentscheidungen die einzigen Entscheidungen sind, die Menschen voneinander unterscheiden. Designer-Klamotten mit Second Hand zu kombinieren ist eben auch nur das zigmal in Allegra, Cosmopolitan & GQ gelesene Stereotyp für urbane Lebemenschen.

Hat Schmidt in seinen vorherigen Arbeiten versucht die Beschäftigung mit Glamour im Kunstbetrieb auf die Spitze zu treiben, so schaltet er hier das Ganze drei Gänge runter. Models sind wie Autos, Industrieprodukte vom Band, und auch der Künstler ist nicht mehr eine spannende Persönlichkeit.

Solange dieses Spiel in der Schwebe bleibt, etwa bei den Gemälden, auf denen simple Autos mit bunten Farben nachgeformt werden, bis sich der Kühlergrill oder ein Blinker räumlich von der Leinwand abhebt, kann man sich für den Blick auf den Crossover Alltag/Glamour begeistern. Doch mit den amorphen Graffiti-Spuren auf den Gesichtern kippen die „Models“ in eine allzu konstruierte Kritik: Schmidt malt den Schönheiten zwar keine Hasenzähne oder laufende Nasen, aber seine „Entmystifizierung“ bräuchte solch eindeutige Eingriffe gar nicht. DANIEL BOESE

Bis 10. 3. Galerie Gebauer. Torstraße 220. Di.–Sa., 12–18 Uhr

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