Gipfeltreffen in der Türkei: G-20-Staaten suchen Lösung für Syrien
In Antalya wird Putin zum umworbenen Mann. Die Staatschefs haben sich auf engere Zusammenarbeit bei der Terrorbekämpfung geeinigt.
Am Samstag hatte die Syrien-Konferenz in Wien unter Teilnahme Russlands bereits so etwas wie einen Fahrplan zum Frieden entwickelt. Jetzt in Antalya wollte Obama wohl konkreter wissen, wie weit Putins Solidarität mit dem syrischen Staatschef Baschar al-Assad noch geht.
Kaum war am Sonntagabend das offizielle Abendessen beendet, in dessen Verlauf dann auch die „starken Beschlüsse“ gegen den Terrorismus im Allgemeinen und gegen den IS im Besonderen besprochen wurden, traf sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Putin, um das Gespräch über mögliche politische Lösungen in Syrien fortzusetzen.
Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Putin trafen sich zum selben Thema. Der türkische Außenminister Feridun Sinirlioglu, der bei den Gesprächen in Wien anwesend war, sagte anschließend in Antalya, man habe sich auf das Ziel einer Übergangsregierung ohne Assad geeinigt. Jetzt ginge es um die Konkretisierung der Zeitpläne.
Hoffnung für die Diplomatie
Gerade nach den Terrorangriffen in Paris war allen Beteiligten in Antalya noch einmal deutlich vor Augen geführt worden, dass eine politische Lösung zur Beendigung des Krieges in Syrien das dringlichste Thema der Weltpolitik ist. Zwar verschärften Frankreich und die USA als Reaktion auf Paris ihre Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien, doch allen Beteiligten in Antalya schien klar zu sein, dass der syrische Bürgerkrieg zuerst gelöst werden muss, bevor der IS tatsächlich wirksam bekämpft werden kann. US-Präsident Obama sagte in seiner Abschlussrede in Antalya, es gebe Hoffnungen im diplomatischen Prozess. Den Einsatz von Bodentruppen schloss Obama weiter aus.
Zur Bekämpfung des IS wollen alle G-20-Teilnehmer den Austausch von Geheimdienstinformationen intensivieren und die Geldflüsse des IS abschneiden. Ob Obama bei seinem Treffen mit Erdogan diesen noch einmal darauf hingewiesen hat, dass der IS das Öl, das die Terrororganisation in den von ihm besetzten Gebieten in Syrien und Irak erbeutet, vor allem über die Türkei verkauft und Erdogan dies stoppen muss, wurde zunächst nicht bekannt.
In ihrer Abschlusserklärung widmeten sich die G-20-Staatenlenker auch der Flüchtlingskrise, die ja zum Teil auch das Ergebnis des Syrienkrieges ist. Sie erkannten an, dass die hohe Zahl von Flüchtlingen weltweit ein globales Problem ist, dem man sich gemeinsam stellen muss. Für Europa geht es dabei konkret erst einmal darum, einen Weg zu finden, damit die Flüchtlinge aus Syrien, die in der Türkei, im Libanon und in Jordanien Zuflucht gefunden haben, nicht weiterhin in großer Zahl über Griechenland und den Balkan „illegal“ nach Europa reisen.
Kontingente von Flüchtlingen
Merkel schlug deshalb vor, aus illegaler Einwanderung eine legale zu machen und Kontingente von Flüchtlingen festzulegen, die nach Europa einreisen dürfen. Bislang sträuben sich die meisten EU-Staaten noch dagegen, doch solange die EU der Türkei nicht anbieten kann, eine begrenzte legale Einreise von Flüchtlingen zu ermöglichen, wird Ankara sich schwertun, die Reise der Flüchtlinge nach Griechenland zu unterbinden. Wie eine solche Lösung praktisch aussehen könnte, soll noch in dieser Woche bei einem Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Ankara diskutiert werden.
Die ursprünglichen Themen des Gipfels wie Wirtschaftswachstum, das Stopfen von Steuerschlupflöchern, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und das Weltklima gerieten angesichts von Terror und Krieg in den Hintergrund. Zwar wurde eine Vereinbarung zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung vereinbart, aber schon für eine intensive Klimadebatte reichte die Zeit nicht mehr. Das soll nun bei der Klimakonferenz in Paris in zwei Wochen nachgeholt werden.
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