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Gipfeltreffen Eine Kunstschätzerin, ein Pfarrer und ein Alleinunterhalter: In ihren Jobs sind sie täglichmit großen Erwartungen konfrontiert. Ein Gespräch über Geld, Büttenreden und Tanztees mit Senioren„Irgendwer ist immer enttäuscht“

Gespräch Doris AkrapFotos Karsten Thielker

taz.am wochenende: Frau Rezepa-Zabel, was erleben Sie häufiger: Kunden mit zu hohen Erwartungen an den Wert ihres Erbschmuckstücks oder Kunden, die nicht erwartet hätten, so viel Geld zu kriegen?

Heide Rezepa-Zabel: Die meisten liegen voll daneben. Und häufig mit viel zu großen Erwartungen, vor allem, wenn sie vorher im Netz nachgucken. Da werden Fantasiepreise nahegelegt. Wenn ich Leute frage, wie sie auf ihre Preisvorstellung kommen, kriege ich auch mal zu hören: „Weil mein neues E-Bike so viel kostet.“ Und wenn man mal ein Stück hoch bewerten kann, sind manche trotzdem enttäuscht. Der Anteil derjenigen, die geringe Erwartungen haben, ist eher klein.

Wie wird man eigentlich Schmuckschätzerin?

Heide Rezepa-Zabel: Ich bin von Hause aus Kunsthistorikerin mit dem Schwerpunkt angewandte Künste der europäischen Kulturgeschichte. Beim ZDF wurde mir dann das Gebiet Schmuck zugewiesen, da ich auch als Diamantengutachterin und Gemmologin ausgebildet bin. Aber man folgte da wohl auch einem Klischee, weil man von einer Frau erwartet, dass sie sich da besser auskennt als mit schwerem Mobiliar, Ölschinken oder Spielzeug und Technik.

Hätten Sie erwartet, dass Sie mal beim Fernsehen landen, bei der ZDF-Sendung „Bares für Rares“, wo Sie Antiquitäten schätzen, die die Besitzer dann an Händler versteigern …

Benjamin Schroeder: … daher kenne ich Sie!

Heide Rezepa-Zabel: Ich wollte eigentlich gar nicht ins Fernsehen. Ich war eher skeptisch.

Weil Sie keine großen Erwartungen an das Fernsehen hatten?

Heide Rezepa-Zabel: Ja, weil ich dachte, dass es dort immer nur um Show und Drama gehen muss. Ich wollte aber meiner Sache gerecht werden. Die Dinge wollen differenziert erklärt werden. Aber ich glaube, wir haben es geschafft, das Interesse der Leute zu wecken.

Benjamin Schroeder: Das kann ich bestätigen. Ich gucke das sehr gerne.

Heide Rezepa-Zabel: Wir werden aber auch gut geschnitten. Wir reden in Wahrheit wesentlich mehr. Wir wollen ja auch einen kulturgeschichtlichen Hintergrund vermitteln.

Das interessiert die Fernsehzuschauer aber nicht?

Heide Rezepa-Zabel: Ich hoffe schon. Und die hohe Einschaltquote zeigt das. Allerdings sind die Leute, die in die Sendung kommen, schon sehr preisfokussiert. Es kann ihnen nicht schnell genug gehen zu erfahren, wie viel Geld sie für ihr Stück bekommen. Aber es gibt auch die anderen Leute, die nach all den neuen Informationen wieder darüber nachdenken, ob sie wirklich verkaufen wollen.

Benjamin Schroeder: Ja, das überrascht mich oft. Es gab mal jemanden mit einem Hochzeitsgeschenk, über das er so viele Geschichten erzählt hat, dass ich dachte, der muss es echt nötig haben, sonst würde er das nie verkaufen.

Heide Rezepa-Zabel: Ja. Aber es gibt auch Geschichten, wo einem die Kinnlade runterfällt. Wir hatten in der Sendung mal ein Paar, das ein 200 Jahre altes Familienalbum, eine Art Poesiealbum, verkaufen wollte, weil es sich von dem Geld eine teure Tasche kaufen wollten. Ein Modeaccessoire! Das wirft man nach ein, zwei Saisons möglicherweise wieder in die Ecke. Im Tausch gegen ein unersetzliches Erinnerungsstück.

Herr Schroeder, als Alleinunterhalter kennt man die Erfahrung, dass man Leuten eine Freude machen will, die sie aber nicht zu schätzen wissen, oder?

Über Gottesdienste „In Berlin bekomme ichÄrger, wenn die Messeunter einer Stunde dauert“Pfarrer Josef Wieneke über die Unterschiedezwischen dem Münsterland und der Hauptstadt

Benjamin Schroeder: Die meisten erwarten ja von einem Alleinunterhalter, dass der mit Cowboyhut hinter seinem Keyboard sitzt und Countrysongs singt. Aber ein Alleinunterhalter ist kein Pausenclown, der da vorne mit Luftballon-Spielchen versucht, die Leute vom Stuhl zu kriegen. Das machen die Leute meist selbst. Ich moderiere zwischendurch, mache Gags, aber meistens spiele ich einfach Musik, von Konserve oder live auf meinem Keyboard.

Wie kamen Sie auf diese Idee?

Benjamin Schroeder: Meine Eltern waren früher im Karnevalsverein und ich hab angefangen, Keyboard zu spielen. Dann hieß es: Mensch Junge, du kannst doch ein paar Weihnachtslieder spielen. Ich war schon immer der Pausenclown in der Schule und dann bin ich halt als kleiner Junge auf den Karnevalssitzungen aufgetreten. Ich hatte Spaß daran, dass die Leute Spaß an dem haben, was ich mache.

Sie haben also den Erwartungen an einen Spaßmacher entsprochen?

Benjamin Schroeder: Früher hatte ich einfach den „Ach, ist der süß“-Bonus. Später habe ich die Senioren beim Tanztee begeistert.

Dort, wo man sich einen Alleinunterhalter eben vorstellt. Warum ist das so?

Benjamin Schroeder: Die Senioren sind ein sehr dankbares Publikum und ein guter Test.

Weil die keine großen Erwartungen mehr haben?

Benjamin Schroeder: Im Gegenteil. Senioren wollen nicht nur „Herzilein“ hören. Schon, aber eben auch was Modernes. Die sind dankbar, wenn ich was spiele, was sie nicht kennen. So ein Auftritt vor 1.000 Leute ist auch toll. Aber weniger befriedigend, weil man den Senioren richtig anmerkt, wie sehr sie sich freuen.

Sie haben einen ziemlich verantwortungsvollen Job. Wenn die Feier misslingt, ist immer der DJ schuld, oder?

Benjamin Schroeder: Ja, oder die Sicherung fliegt raus. Das ist mir neulich passiert, weil ich zu viel Lichttechnik dabei hatte. Da war dann echt gute Stimmung, können Sie sich vorstellen.

Wie gehen Sie mit enttäuschten Erwartungen um?

Benjamin Schroeder: Es gibt die Feiern, wo nach dem ersten Titel die Tanzfläche voll ist bis zum Ende. Aber es gibt auch so Veranstaltungen, wo ich denke: Wann kann ich meine Rechnung schreiben? Man enttäuscht immer irgendwen.

Bei welchen Festen erleben Sie die meisten Überraschungen?

Benjamin Schroeder: Bei Familien- und Firmenfeiern wird es interessant. Da ist alles dabei, die Oma, die Kinder, man weiß nie, mit welchen Leuten man es zu tun hat. Da erlebt man die größten Überraschungen.

Josef Wieneke: Das kann ich bestätigen.

Welche Überraschungen erleben Sie als katholischer Pfarrer?

Josef Wieneke: Vor einer Hochzeit wurde mir gesagt, ich solle alles tun, um zu verhindern, dass der Onkel während der Zeremonie spricht. Das ist mir gelungen. Aber beim Essen ergriff er seine Chance und hielt eine eineinhalbstündige Rede über 150 Jahre Familiengeschichte. Weil er der Patriarch war, traute sich keiner, ihn zu stören.

Sie sind erst seit drei Jahren Pfarrer in der Berliner Sankt-Matthias-Gemeinde, die aus Tradition immer einen Pfarrer aus dem Münsterland beschäftigt, wo sie auch herstammen. Was erwartet man denn von einem Münsteraner Pfarrer in Berlin?

Josef Wieneke: Ich muss zumindest nicht berlinern.

Heide Rezepa-Zabel: Ich komme auch aus dem Münsterland, aus Werne.

Josef Wieneke: Meine Vorfahren kommen aus Lünen.

Heide Rezepa-Zabel: Ich bin in Lünen geboren, hab aber in Werne gelebt.

Das ist ja magisch. Sie sind alle miteinander verwandt.

Josef Wieneke: Der liebe Gott tut nichts als fügen.

Heide Rezepa-Zabel: Ich bin übrigens auch Mitglied in Ihrer Gemeinde!

Josef Wieneke: Ach?

Berlin ist ein Dorf.

Heide Rezepa-Zabel

Die Person: geboren 1965 in Lünen/Westfalen. Promotion in Kunstgeschichte, Ausbildung beim Auktionshaus Christie’s in London. Unabhängige Gutachterin für Diamanten und im Kunst- und Auktionshandel mit Schwerpunkt auf Kunsthandwerk von Keramik, Gläser, Edelmetall.

Der Job: Seit 2013 Schmuckschätzerin in der ZDF-Fernsehsendung „Bares für Rares“.

Das Gesicht: Stellen Sie sich vor, ein Kunde kommt zu Ihnen, in der Erwartung, der Schmuck seiner Oma sei echtes Gold, und Sie müssen ihm sagen, dass es Blech ist.

Benjamin Schroeder: Wenn wir schon dabei sind. Ich kenne hier in Berlin einen Apotheker namens Rezepa. Haben Sie mit dem was zu tun, Frau Rezepa-Zabel?

Heide Rezepa-Zabel: Ja, das ist mein Bruder.

Hilfe. Das kommt jetzt wirklich unerwartet. Aber zurück zum Katholizismus. Meine Erwartungen an einen Katholiken: Hedonismus und Humor. Erfüllen Sie das?

Josef Wieneke: Sagen wir mal, ich spucke nicht ins Bier und wenn wir die Krippe aufgebaut haben, gibt’s westfälischen Klaren. Kochen kann ich nicht, aber ich esse gerne.

Ihr Vorgänger in dem Amt war relativ lange in der Berliner Gemeinde tätig. Wie ist das so als Neuer?

Josef Wieneke: Der Verbündete eines jeden Pfarrers ist die Zeit. Man wächst miteinander, man gewöhnt sich aneinander. Als Westfale braucht man besonders viel Zeit. Die Westfalen stehen ja im Ruf, ein bisschen langsamer und gründlicher vorzugehen.

Sie wirken aber eher heiter und gar nicht langsam. Ein Westfale, der die Erwartungen nicht erfüllt?

Josef Wieneke: Sonst hätte ich hier ja nicht mitgemacht. Früher, am Niederrhein, hatte ich pro Saison drei bis vier Karnevalsveranstaltungen.

Was macht denn ein Pfarrer auf einer Karnevalsveranstaltung?

Josef Wieneke: Am besten eine Büttenrede halten

Ach so? Dann sind Sie auch so etwas wie ein Alleinunterhalter?

Josef Wieneke: Klar! Auch. Als Pfarrer ist man aber ein wenig auf verlorenem Posten, wenn die Witze unter die Gürtellinie gehen. Wenn man mitlacht, sieht das blöd aus, wenn man nicht mitlacht, sieht das auch blöd aus. Ich gewöhnte mir an, mir das Bierglas vor den Mund zu halten, wenn ich merkte, dass ich lachen muss.

Und über wen ziehen Sie her, wenn Sie selbst Büttenreden halten?

Josef Wieneke: Auch über Bischöfe, über Kollegen, über mich.

Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Halten Sie Ihren Gottesdienst in Berlin anders als im Münsterland?

Josef Wieneke: Im Volkskirchlichen, aus dem ich herkomme, ist man froh, wenn der Gottesdienst vorbei ist. In Berlin muss ich festlicher sein. Wenn ich meine Kollegen mal schockieren will, dann sage ich, wenn die Messe unter einer Stunde dauert, krieg ich Ärger. Im katholischen Umfeld kriegt man Ärger, wenn die Messe länger als eine dreiviertel Stunde dauert. Hier in Berlin haben die Leute die Erwartung: Wenn schon Kirche, dann muss es auch richtig sakral zugehen.

Kommen wir mal zu dem größten Geheimnis des katholischen Pfarrers: Die Leute kommen zu Ihnen und erwarten, dass Sie ihnen ihre Sünden abnehmen. Wie machen Sie das?

Josef Wieneke: Das fällt unter Betriebsgeheimnis. Was mich aber erstaunt ist, dass ich in Berlin noch nie alleine im Beichtstuhl saß.

Heide Rezepa-Zabel: Kommt eine bestimmte Altersklasse?

Josef Wieneke: Die Stadt bietet Gelegenheiten für vieles, was man auch wieder ablegen will. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Sie hören also flottere Geschichten als im Münsterland?

Josef Wieneke: Die Spannbreite ist größer. Und es ist erfüllender, wobei sich das jetzt merkwürdig anhört. Wie kann man das als erfüllend bezeichnen, wenn man sich Sünden anhört? Aber es geht ja nicht darum, Sünden zu hören, sondern dem Menschen zu helfen, aus Situationen wieder herauszukommen.

Josef Wieneke

Die Person: geboren 1960 in Dülmen/Westfalen, hat katholische Theologie in Münster, Brasilien und Regensburg studiert.

Der Job: Seit 1993 ist er in Gemeinden tätig und war zehn Jahre Pfarrer in Altenberge bei Münster. Seit 2013 ist er Pfarrer der St.-Matthias-Gemeinde in Berlin. Nach dem Wunsch des Kirchenstifters, eines preußischen Beamten, kommen die Seelsorger alle aus dem Bistum Münster.

Das Gesicht: Stellen Sie sich vor, jemand beichtet Ihnen, er habe einen Apfel geklaut, aber Sie wissen, dass er eine Bank ausgeraubt hat.

Kommt es vor, dass Leute zu Ihnen kommen und sich darüber beschweren, weil sie sich nicht von ihren Sünden entlastet fühlen?

Josef Wieneke: Die Vergebung der Sünden ist nicht automatisch mit einem guten Gefühl verbunden. Das ist eine Frage des Glaubens.

An Weihnachten erwartet man einiges von Ihnen.

Josef Wieneke: Die Messen an Weihnachten sind sehr wichtig. Ich kann die großen Erwartungen regelrecht spüren. Das stellt einen unter ziemlichen Stress. Da sind so viele Menschen, die sonst nicht in die Kirche gehen. Normalerweise predige ich frei und spontan. Aber so wie bei schwierigen Beerdigungen formuliere ich zu Weihnachten meine Predigt vorher aus.

Heide Rezepa-Zabel: Weihnachten ist der einzige Tag, an dem ich in die Kirche gehe. Und ich erwarte eine gute Predigt.

Was erwarten Sie von einer guten Predigt?

Heide Rezepa-Zabel: Weltoffenheit und einen gesellschaftlichen, politischen, einen positiven Input, der nach vorne gerichtet ist und die Leute daran erinnert, dass es ihnen vergleichsweise gut geht. Aus meinem Berufsalltag heraus muss ich sagen, dass viele ihre großen Erwartungen in barer Münze rechnen, und auch die ideellen Werte entsprechend aufgerechnet wissen wollen. Die Begeisterung für Feinheiten, für Hintergründe und Zusammenhänge ist eher gering. Die meisten sind auf der Suche nach dem finanziellen Glück und hoffen, auf dem Dachboden der Oma einen Rembrandt gefunden zu haben.

Hoffen Sie nicht darauf, mal an einen Kunden zu geraten, der einen Rembrandt hat, von dem er nichts weiß?

Heide Rezepa-Zabel: Na klar. Aber vor allem interessiert mich die Geschichte dahinter. Woher kommen die Dinge? Wo haben sie Station gemacht? Wer hat sie besessen? In den Dingen spiegeln sich Gesellschaften. Gerade Schmuck eignet sich ganz besonders, etwas über seinen Träger zu erfahren und darüber hinaus noch Kulturtransfer erlebbar zu machen.

Erleben wir gerade einen ­Epochenwandel?

Josef Wieneke: Mir begegnen zunehmend ältere Leute, die sagen, sie seien froh, dass sie bald sterben würden. Sie erwarten von der Zukunft nur Chaos und Untergang. Das hat deutlich zugenommen. Auch bei gläubigen Menschen, wo man das nicht so erwarten würde.

Heide Rezepa-Zabel: Ist das nicht typisch für ältere Leute? Gibt es das nicht in jeder Generation?

Josef Wieneke: Ja. Aber es hat deutlich zugenommen. Auch in die mittlere Generation hinein.

Benjamin Schroeder: Das erlebe ich auch so. Egal, mit wem man spricht, heißt es: Das sieht nicht gut aus, was da kommt.

Heide Rezepa-Zabel: Dabei ging es uns nie besser als jetzt. Meine Großeltern konnten nicht so einfach verreisen, obwohl es ihnen auch gut ging. Sie haben ein Leben lang gearbeitet.

Josef Wieneke: Aber es geht jetzt um Gefühle, nicht ums Objektive. Es gibt schon viele Leute, die abgehängt sind, die mit sehr wenig Geld leben müssen.

Benjamin Schroeder: 2014 war ich mit meiner Frau in Afrika im Urlaub, und seit wir zurück sind, weiß ich, dass es uns richtig gut geht. Selbst den Armen in Deutschland geht es vergleichsweise gut. Ich kann jeden verstehen, der sich in ein Boot setzt und zu uns kommen will.

Benjamin Schroeder

Die Person: geboren 1978 in Berlin-Charlottenburg. Hat Kommunikationselektroniker gelernt und landete dann bei der Musik.

Der Job: Arbeitet seit über 15 Jahren als Entertainer Benny und tritt auf Geburtstagen, Hochzeiten, Firmenfeiern, Straßenfesten und internationalen Kreuzfahrtschiffen als Musiker, Sänger, DJ und Moderator auf. Nebenbei berät er als IT-Consultant auch noch Firmen in technischen Fragen.

Das Gesicht: Stellen Sie sich vor, auf einer Seniorenfeier haben Sie nur deutsche Schlagermusik dabei und der Gastgeber wünscht sich AC/DC.

Heide Rezepa-Zabel: In meinem beruflichen Umfeld, höre ich viele Wünsche, die sich vornehmlich um Luxus drehen. Besonders absurd erschien mir das Angebot einer Dame, die eine lange in der Familie verwahrte Bibel verkaufen wollte, um ihrem Sohn endlich einen sehnlichen Wunsch zu erfüllen. Die Enttäuschung, dass das meistgedruckte Buch der Welt nur wenig Gewinn versprach, führte zu bitterlichen Tränen, sodass unser Moderator ihr kurzentschlossen das Doppelte des Schätzpreises aus eigener Tasche schenkte. Das tröstete sie aber nicht, denn die Dame wollte ihrem Sohn ein Sportboot finanzieren.

Josef Wieneke: Ich habe das Glück, mit Leuten zu tun zu haben, die mit sich ringen und sich weiterentwickeln wollen. Sie wollen frei werden von solchen Dingen, damit sie innerlich zufriedener werden. Zumindest Jugendliche spüren noch unmittelbarer, wie sie von Gott her sein könnten, haben große Erwartungen an sich selbst.

Man hat ja als jüngerer Mensch auch ohne Gott riesige Erwartungen ans Leben. Sind Ihre Erwartungen eingetroffen?

Benjamin Schroeder: Manchmal denk ich: Okay, der hat schon sein Haus mit Pool im Garten. Wenn dann aber in der Familie dieses Freundes etwas nicht wirklich gut läuft, dann sag ich: Ich verzichte auf das Haus, mir geht es gut.

Heide Rezepa-Zabel: Ich würde es formulieren wie meine Eltern: Die Familie ist gesund, meine Kinder haben Verstand, das finde ich großartig. Ich würde sagen, ich bin ein Glückskind. Dieses Glück aber ist nicht selbstverständlich. Daran werden wir jetzt erinnert, wenn wir die Kinder und Mütter sehen, die auf der Flucht sind.

Was erwarten Sie von 2017?

Heide Rezepa-Zabel: Die politischen Entwicklungen machen mir Sorgen. Ich wünsche mir mehr Zivilcourage und dass die Leute sich auf das besinnen, was uns ausmacht: Nächstenliebe.

Benjamin Schroeder: Dass sich alle ein bisschen zusammenreißen, damit alles wieder ein bisschen ruhiger wird.

Josef Wieneke: Ich glaube, dass es ein spannendes Jahr wird. Ich vermute, dass es uns überraschen wird.

Doris Akrap ist Redakteurin der taz.am wochenende

Karsten Thielker ist Fotograf in Berlin

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