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Giftschwemme statt Goldsegen

■ In Guyana ist ein Staudamm gebrochen. Bei der größten Ökokatastrophe in dem Land verseucht hochgiftiges Abwasser den Essequibo und damit das Trinkwasser

Am Samstag gegen Mitternacht brach der Damm neben einer der größten Goldgruben der Welt. Stunde für Stunde ergießen sich seither Millionen Liter zyanidverseuchtes Wasser in den Essequibo, der das lateinamerikanische Land Guyana von Süden nach Norden durchfließt. Es ist die größte Umweltkatastrophe in dem Land, das sich erst vor ein paar Jahren auf Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF) ausländischen Investoren öffnete. Seither erlebt es einen gigantischen Raubbau an seinen Bodenschätzen und dem größten noch unzerstörten Regenwaldgebiet der Welt. Insbesondere japanische und nordamerikanische Multis profitieren.

Zyanid ist ein wasserlösliches, hochgiftiges Blausäuresalz. Es wird für die moderne Gold- und Silbergewinnung verwendet. Das gemahlene Erz wird dabei in eine Natrium-Zyanid-Lösung gelegt, das Edelmetall anschließend elektrolytisch abgeschieden. Bei dem Unfall, der sich etwa 160 Kilometer westlich der an der Küste gelegenen Hauptstadt Georgetown am Fluß Omai ereignete, ist offenbar ein Rückhaltebecken geborsten. Der Omai ist ein Zufluß des Essequibo, der größte Fluß des Landes.

Tausende von Menschen beziehen ihr Trinkwasser unmittelbar aus dem Wasserlauf, in den sich jetzt stündlich rund 60.000 Kubikmeter des hochgiftigen Abwassers ergießen. Vor allem Amerindians, die UreinwohnerInnen des Regenwalds, sind unmittelbar Leidtragende des Unglücks. „Der Gesundheitszustand der etwa 50.000 Amerindians ist sowieso schon sehr schlecht, weil das Strukturanpassungsprogramm der letzten Jahre große Kürzungen im Gesundheits- und Bildungssektor erzwungen hat“, sagt Heike Henn von der Aktionsgemeinschaft solidarische Welt (ASW). So sei die Säuglingssterblichkeit in den letzten Jahren enorm angestiegen. Das Unglück wird ihre Situation mit Sicherheit noch einmal enorm verschlechtern.

Vertreter von Behörden und der Betreibergesellschaft Omai Gold Mines Ltd. fuhren inzwischen den Essequibo hinab und warnten die Anwohner, das Wasser nicht mehr zu trinken. Der Grubenbetrieb soll für mehrere Monate stillgelegt werden, versicherten sie. Der Sprecher Stanhope Williams sagte, sein Unternehmen werde sich bemühen, andere Trinkwasserquellen für die Anwohner des Essequibo zu erschließen.

Im Fernsehen konnten die BewohnerInnen des 750.000-EinwohnerInnen- Landes sehen, wie stark verfärbte, sedimentführende Wassermassen sich in Richtung auf die dichter besiedelten Regionen Bartica und Anarika zuwälzen.

Das Unglück bedeutet auch eine wirtschaftliche Bedrohung des extrem armen Landes. Die Goldgrube, das größte Tagebauunternehmen Südamerikas, lieferte im letzten Jahr ein Viertel der Staatseinnahmen. Das Unternehmen gehört zu 95 Prozent der kanadischen Gesellschaft Cambior Ltd. in Quebec und der amerikanischen Golden Star Resources in Denver; der Staat Guyana ist nur mit 5 Prozent beteiligt.

Die „Bretton Woods Reform Organization“ hat erst kürzlich für das Land ein Alternativprogramm zu den IWF-Auflagen erarbeitet. Sie fordert darin, daß die Konzession für die Goldmine neu ausgehandelt werden müsse. Nicht nur die ökologische Situation bezeichnen die Kritiker seit langem als bedenklich. Sie weisen auch auf die wirtschaftlich extrem ungünstigen Verträge für das Land hin, die Steuerbefreiung und ungehinderte Abführung von Gewinnen beinhalten. aje

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