Giftige Vögel entdeckt: Gefährliche Schönheiten

Forschende haben auf Papua-Neuguinea Vogelarten entdeckt, die ein starkes Nervengift enthalten. Den Vögeln selbst macht es nichts aus.

Ein Ockerpitohui

Der Ockerpitohui Foto: Michael Moore/Okapia/picture alliance

Forschende von der Universität Kopenhagen identifizierten auf einer Expedition auf Papua-Neuguinea zwei Vogelarten, die giftig sind. Die Vögel enthalten dasselbe Nervengift wie der Pfeilgiftfrosch: Batrachotoxin. Sie lagern es hauptsächlich in Haut und Federn ein. Eine Berührung mit dem Federkleid löst Hautreizungen aus, ist aber nicht tödlich. Wie auch der Pfeilgiftfrosch produzieren die Vögel das Gift nicht selbst, sondern nehmen es über die Nahrung auf.

Das Forschungsteam begab sich auf gefährliches Terrain, um die Federn von 27 Vogelspezies auf ihre Toxizität zu prüfen. Papua-Neuguinea ist ein Hotspot für giftige Vögel: Bereits zehn toxische Vogelarten sind dort zu Hause. Der zu den Sperlingsvögeln gehörende Pitohui wurde 1990 durch einen Zufall als erster giftiger Vogel identifiziert. Bei den zwei neu entdeckten Giftvögeln handelt es sich um den Oliv-Bergdickkopf Pachycephala schlegelii und den Rotnackenpfeifer Aleadryas rufinuch.

Beide Arten kommen in Ozeanien häufig vor. Umso erstaunter waren die Forschenden über den Befund, dass die Vögel giftig sind. Ganz im Gegensatz zu den Einheimischen Papua-Neuguineas: Sie berichten, dass das Fleisch scharf und bitter schmecke, ungefähr so wie eine Chilischote. Der Verzehr des Fleisches ist in kleinen Mengen für Menschen nicht lebensbedrohlich.

Der Kontakt mit den Federn der Vögel löst Reizungen der Schleimhäute aus. Der dänische Wissenschaftler und Teilnehmer der Expedition Knud Jønsson beschreibt die Handhabung so: „Es fühlt sich irgendwie unangenehm an, und es ist nicht gerade verlockend, lange an einem [Vogel] zu hängen.“

Das Gift wird eingelagert

Die Vögel nehmen das Gift über ihre Nahrung auf und lagern es in Haut, Federn und Muskeln ein. Im Magen der Vögel wurden Käfer der Gattung Choresine gefunden. Von den Käfern ist bekannt, dass sie giftig sind. Die Anpassung an das Gift ermöglichte es den Vögeln, ihr Nahrungsspektrum zu erweitern.

Die Einlagerung des Nervengifts im Körper des Vogels erfolgt wohl unwillkürlich. Ein netter Nebeneffekt, der die Tiere vor Fressfeinden und Parasiten schützt, vermuten die Biolog:innen.

Der Name Batrachotoxin stammt vom griechischen Wort für Frosch – Batrachos. Seinen Namen erhielt das Nervengift, nachdem es in giftigen Fröschen in Südamerika entdeckt wurde. Menschen nutzten das Gift für die Jagd, in dem sie mit einer Pfeilspitze über die Haut des Frosches strichen.

Batrachotoxin ist eines der stärksten Nervengifte. Es wirkt, indem es die Natriumkanäle in den Skelettmuskeln dazu zwingt, sich in einer offenen Position zu verriegeln. Das führt, je nach Menge des Gifts, zu extremen Muskelkrämpfen, die zum Tod führen können.

Die Vögel selbst sind gegen das Gift immun. Die Forschenden entdeckten durch genetische Analysen Mutationen auf dem Gen SCN4A. Durch die Transkription dieses Gens werden die Natriumkanäle synthetisiert. Die Mutationen wandeln den Natriumkanal aber so ab, dass die Moleküle des Gifts nicht mehr andocken können.

Die Giftkonzentration des Rotnackenpfeifers und Oliv-Bergdickkopfs ist deutlich geringer als beim Pfeilgiftfrosch. Beide Tierarten entwickelten unabhängig voneinander ähnliche Eigenschaften gegen das Nervengift Batrachotoxin, obwohl sie stammesgeschichtlich nicht verwandt sind.

Durch die Erforschung der giftigen Vögel lernen die Forscher:innen, wie verschiedene Tierarten Resistenzen gegen Toxine erwerben. Wissen darüber, wie sich Tiere an Giftstoffe anpassen und wie diese Stoffe in den Zellen und Körpern der Tiere wirken, könnte dabei helfen, Vergiftungen auch bei Menschen zu behandeln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.