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Giftaustritt bei ErdgasförderungNeun Lecks - null Information

Beim Erdgasfeld in niedersächsischen Söhlingen gab es vor drei Jahren ein Rohr mit neun undichten Stellen, aus denen Giftstoffe leckten. Die Öffentlichkeit erfuhr nichts davon.

Lässt sich mit einem Messgerät feststellen: Quecksilber und Benzol im Boden. Bild: dpa

SÖHLINGEN taz | Die zuständigen Behörden haben ganz genau Buch geführt über eine kaputte Leitung bei der Erdgasbohrstelle im niedersächsischen Söhlingen: Sie haben Zahlen ermittelt, wie viel Gifte wohl ausgetreten sind und wie viel wieder zurück geholt werden konnten, etwa dadurch dass das Erdreich saniert wird. Diese Zahlen gingen zum Landesamt für Statistik und von dort zum Bundesamt, sind Quellen für ein Tabellenwerk. Die Öffentlichkeit hat von dem einzelnen Vorfall nichts erfahren - drei Jahre lang, bis zu diesem Montag.

Da berichtet das Wirtschaftsmagazin "Markt" im NDR Fernsehen über die neun Lecks an einer Leitung, durch die jenes Wasser fließt, dass bei der Förderung aus dem Gas hinaus gefiltert wird. Es enthält in Söhlingen (Landkreis Rotenburg) viel Salz, aber auch Quecksilber und die Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluoal, Ethylbenzol und Xylol. Letztere sind giftig - und durch die undichten Stellen ins Erdreich und Grundwasser gelangt.

Im Dezember 2007 hat der Betreiber Exxon-Mobil dies bei einer Druckprüfung festgestellt und dem zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) gemeldet. Die Leitung wurde außer Betrieb gesetzt. Bis zum vergangen Dezember hat es gedauert, die Böden unter den Lecks auszutauschen - insgesamt 2.500 Kubikmeter. Das Grundwasser um die betroffenen Stellen wird immer noch abgesaugt und gereinigt.

Erdgas in Deutschland

In Deutschland werden rund 20 Prozent des hier verbrauchten Erdgases gefördert - 2009 rund 14,5 Milliarden Kubikmeter.

Niedersachsen ist das Bundesland mit der am Abstand größten Erdgasförderung in Deutschland. Der Anteil an der deutschen Erdgasproduktion: rund 95 Prozent.

Schleswig-Holstein ist mit 3,5 Prozent Anteil an der Jahresproduktion die zweitgrößte Erdgasquelle in Deutschland.

Weitere Erdgasfelder gibt es in Bayern, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Wie lange die Leitung schon defekt war, ist nicht ganz klar - sie wird ständig überwacht, die Lecks wurden nicht bemerkt, die Druckprüfung gehört zu den zusätzlich vorgeschriebenen Tests. Nach Angaben des LBEG hat Exxon-Mobil die Stahlrohre vorher modernisiert, eine Kunststoffschicht wurde im Inneren eingezogen.

"Dieses Ereignis ist in dieser Form einmalig", sagt Klaus Söntgerath, zuständiger Abteilungsleiter beim LBEG. "Gerade, weil diese zusätzlich Kunststoffschicht so etwas eigentlich verhindert." Seine Behörde habe entschieden, wie die Umgebung saniert werden müsse, und eine Untersuchung gegen Exxon-Mobil eingeleitet. "Vorsatz oder Fahrlässigkeit können wir nicht nachweisen", sagt Söntgerath. Und warum wurde die Öffentlichkeit nicht informiert? "Das Interesse von Medien und Bürgern ist erheblich gewachsen", sagt er, das sei früher nicht hoch gewesen. "Heute würde man so etwas mitteilen."

Der grüne Bundestagsabgeordnete Oliver Krische hat Söhlingen besucht und sagt: "Wir würden erwarten, dass der Betreiber das öffentlich macht." Selbst die Bürgermeisterin im betroffenen Ort habe vom konkreten Ausmaß des Problems nichts erfahren. "Das Unternehmen macht keine Öffentlichkeitsarbeit, die Transparenz herstellt", sagt Krische. Der Abgeordnete glaubt: "Ein chemisches Unternehmen in einem ganz normalen Gewerbegebiet müsste ganz andere Konsequenzen fürchten." Für die Erdgasfelder gilt Bergrecht - es verpflichtet zu wenig Transparenz. Das Unternehmen müsse sich nicht wundern, wenn sich Bürgerinitiativen auftun, um sich gegen neuartigen Förder-Methoden wie Fracing zu wehren, wenn man so wenig informiere. In Söhlingen wird mit dieser Technologie gearbeitet, sagt Krische.

Der Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen, Stefan Wenzel, hat der Landesregierung deshalb vorgeworfen, Parlament und Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert zu haben. Denn: "Im November 2010 hat die Landesregierung bei einer Unterrichtung des Umweltausschusses verschwiegen, dass umfangreiche Versuche mit dem so genannten Fracing-Verfahren im Gasfeld Söhlingen durchgeführt worden sind." Er fordert nun eine Offenlegung aller Daten zu den Fracing-Versuchen in Söhlingen und in anderen Erdgasfeldern Niedersachsens.

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3 Kommentare

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  • BB
    Bente Battenbrook

    In der "Rotenburger Kreiszeitung" vom 8.Januar 2011 wurde´die Bürgermeisterin zu diesem Thema anders zitiertz.

    "Der Stadtrat wurde von uns benachrichtigt und wir haben uns die Reparaturarbeiten vor Ort angeschaut", so Strehse, die dem Konzern eine "gute Informationspolitik" bescheinigt.

     

    Ferner gab es im Jahre 2004 ein Erdbeben der Stärke 4,5 auf der Richterskala mit Epizentrum bei Söhlingen, über dessen nachträgliche Erforschung die "Rotenburger Rundschau" am 06.09.2007 berichtete:

    "Das Gas und das Beben - Exxon und Co wollen messen –und viele Daten für sich behalten"

  • S
    Sandy

    Hydraulic Fracturing

    oder Fracing (fracking)

     

    ...ist ein unkontrollierter Eingriff in den Untergrund und führt unter Umständne nicht nur zu permenenten Mikrobeben, sondern bedroht durch die Einleitung von toxischen Fluessigkeiten das Grundwasser einer ganzen Region. Diese Technik ist ebenso Gefährlich, wie der Versuch der Foerderung von Thermalwasser, wo durch den gleichen hydraulischen Druck/Vorgang, Wasser/Fluessigkeit in Erdrisse gebresst wird, wobei Erdabsenkungen mit dem Durchmesser einer Kleinstadt ausgeloest werden koennen, wie auch ein dramatisches Absenken des Grundwasserspiegels. Alles, nur um auf Kosten der Anwohner, des Landes und damit letztendlich der Gemeinschaft, schnelle Gewinne zu realisieren, den Schaden aber andere begleichen lassen.

     

     

    Fracing wird auch in Zukunft für Schlagzeilen sorgen, denn wer die Dokumentation "Gasland" von "Josh Fox" gesehen hat, der weiss/ahnt, das EXXON auf das Prinzip Desinformation, Verschleierung und Verschleppung setzt, so daß deutsche Lokalpolitiker erst reagieren werden, wenn das Grundwasser einer ganzen Stadt den Bach runtergegangen sein wird - oder trotz fehlendem Kernkraftwerk die Krebsrate derart ansteigt, daß diese umgehend ein 4-6 Jahre dauerndes Gutachten in Auftrag geben wird, mit dessen Ergebnissen sich dann eine neue Regierung vor die Presse stellt und Schuld/Verantwortung nach hinten weiterreicht.

     

    Ein ewig gleiches Spiel:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Fracing#Umweltprobleme

     

    Frust

  • I
    Ingo

    Bitte diese Petition gegen Fracing unterschreiben:

     

    http://www.openpetition.de/petition/zeichnen/stopp-fracking

     

    Das betrifft jeden Deutschen, nicht nur Leute aus NRW und Niedersachsen, denn gebohrt wird überall wo etwas Gas vermutet wird.