Gewerbe statt Wohnraum: Werber gegen Werber
Eine Initiative kämpft gegen den Bürokomplex Zeise 2 in Ottensen. Statt für den geforderten Wohnraum wird sich die Politik voraussichtlich fürs Gewerbe entscheiden.
![](https://taz.de/picture/90041/14/1_10_2014_N4_zeise_schmidt.jpg)
Von der Apotheke über den Friseursalon bis zum türkischen Reisebüro – überall in Ottensen liegen die Unterschriftenlisten gegen den geplanten Bürokomplex „Zeise 2“ aus. 3.500 haben dort oder online unterschrieben. Von den AnwohnerInnen und Gewerbetreibenden hat offenbar kaum einer Lust auf den Bürobau, den die Investoren Procom Invest und Quantum heute im Planungsausschuss des Bezirks Altona vorstellen: Ein sechsstöckiges Gebäude soll auf dem Parkplatz neben den Zeise-Hallen entstehen, 850 MitarbeiterInnen der Werbebranche wollen dort zukünftig ihre Büros haben.
Der nach eigenen Angaben weltgrößte Kommunikationskonzern WPP will seinen Firmensitz von Frankfurt nach Hamburg verlegen und für die nächsten 15 Jahre die Neubaubüros mieten. Gegen die Bebauung der städtischen Fläche mit Werber-Büros setzt sich die Initiative „Pro Wohnen Ottensen“ ein und fordert „Wohnraum statt Werber“.
Geht es nach der Bezirkspolitik, muss man das Motto umdrehen: So waren auf dem Grundstück ursprünglich Wohnungen geplant. Die Procom Invest, der schon das Nachbargrundstück mit den Zeisehallen gehört, hatte einen Entwurf mit 86 Wohnungen, davon die Hälfte sozial gefördert, und 3.000 Quadratmeter Gewerbefläche vorgelegt. Die Mischnutzung hatte die Stadt überzeugt und die Procom hatte das Grundstück ein Jahr lang zur Planung reserviert bekommen.
Im Juni änderte das Immobilienunternehmen seinen Plan und schloss einen Mietvertrag über 13.000 Quadratmeter Bürofläche mit dem Werbekonzern WPP ab. Den endgültigen Zuschlag für das Grundstück haben die Investoren noch nicht.
Das könnte sich schnell ändern. Nachdem die Procom ihr neues Konzept am Mittwoch zum ersten Mal offiziell vorstellt, tagt schon am Donnerstag die zuständige Kommission für Bodenordnung (KfB) hinter geschlossenen Türen.
Die Chancen für den Zuschlag stehen gut: Fraktionsvorsitzender Thomas Adrian von der SPD, die die Mehrheit in der KfB stellt, hält den Plan für „eine Bereicherung für den Stadtteil und die Arbeitsplatzsituation“. Bei der CDU habe man zwar Bauchschmerzen, der Prozess sei „etwas komisch und nicht sehr transparent“ verlaufen, so Fraktionsmitglied Sven Hielscher, man werde aber trotzdem für den Entwurf stimmen. Nur die Grünen sind dagegen, können mit einer Stimme aber auch nichts ausrichten.
Interessant ist übrigens die Zusammensetzung der Initiative „Pro Wohnen“: Sie besteht zu einem großen Teil selbst aus Kommunikationsberatern. „Aber wir können das schließlich beurteilen“, sagt Frank Zibell von der Initiative: „Noch mehr Werber verträgt der Stadtteil einfach nicht.“
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