Gewaltsame Kämpfe in Nigeria: Bomben zu Weihnachten
Zu Weihnachten werden in der nigerianischen Stadt Jos Christen und Muslime Opfer von gegenseitigen Anschlägen. Sie münden direkt in bewaffnete Straßenschlachten.
In Nigeria ist eine neue Runde von Gewalt zwischen Christen und Muslimen ausgebrochen, nachdem eine Serie von Bombenanschlägen rund um die zentralnigerianische Stadt Jos an Heiligabend mindestens 32 Tote und 74 Schwerverletzte forderte. Wie nigerianische Zeitungen berichten, kam es am Sonntag zu Straßenschlachten zwischen bewaffneten Christen und Muslimen in der Millionenstadt Jos.
Mehrere Gebäude gingen in Flammen auf, es fielen Schüsse, die Polizei entsandte Sondereinheiten aus benachbarten Bundesstaaten. "Die Lage ist jetzt unter Kontrolle", behauptete Nigerias Vizepolizeichef Aloysius Okorie am Sonntagabend. Gestern patrouillierten schwerbewaffnete Sicherheitskräfte in Jos.
Jos ist die Hauptstadt des Bundesstaates Plateau, wo Streitereien zwischen alteingesessenen christlichen Völkern und aus Nordnigeria eingewanderten Muslimen um Landbesitz und die Kontrolle lokaler Verwaltungsstrukturen in den vergangenen Jahren Tausende Tote gefordert haben. Milizen beider Seiten verübten erst im März Massaker mit Hunderten Toten. Die Bomben von Heiligabend beendeten eine Zeit relativer Ruhe. Zwei von ihnen explodierten auf einem Weihnachtsmarkt, eine dritte in einem mehrheitlich christlichen Stadtviertel und eine vierte auf der Straße, die zur größten Moschee von Jos führt.
Dass sich die Anschläge gleichermaßen gegen beide Gruppen richten, hat den Verdacht erweckt, hier wolle jemand gezielte Destabilisierung betreiben. In Nigerias Elite wird derzeit erbittert um die Kandidaturen zur Präsidentschaftswahl im April 2011 gerungen. Die Regierungspartei PDP (Demokratische Volkspartei), die Nigeria seit der Demokratisierung 1999 regiert, will ihren Kandidaten am 13. Januar wählen.
Der amtierende Präsident Goodluck Jonathan ist ein Christ aus dem Süden Nigerias, der sein Amt erst dieses Jahr nach dem Tod des 2007 gewählten Umar Musa YarAdua, eines Muslims aus dem Norden, übernahm. Jonathan will jetzt 2011 für die PDP zur Wahl antreten, aber stößt damit in der Partei auf starken Widerstand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren