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Gewalt in Syrien„Das ist ein echter Krieg von außen“

Präsident Assad macht in einer Rede vor dem Parlament das Ausland für den „Terror“ verantwortlich. Der Syrische Nationalrat fordert eine Militärintervention.

Sicher im Libanon: Auf der Flucht vor der Gewalt wurde dem Sohn in die Hand geschossen. Bild: dapd

BERLIN taz | „Nicht einmal Monster würden ein solch grausames Verbrechen wie in Hula begehen.“ Das erklärte der syrische Präsident Baschar al-Assad am Sonntag in einer Rede vor dem Parlament, die wie immer live im Staatsfernsehen übertragen wurde. Syrien müsse nun den Terrorismus bekämpfen, um zu „heilen“, jetzt, da „klar“ sei, dass ausländische Kräfte und Terroristen Syrien im Visier hätten.

Der studierte Augenarzt verglich die Bekämpfung des Aufstands mit einer Operation. Wenn der Chirurg „schneidet, säubert und amputiert“ und die Wunde blute, „sagen wir ihm dann: ’Deine Hände sind mit Blut beschmutzt?‘, oder danken wir ihm dafür, dass er den Patienten rettet?“

Mit einer Opposition, die eine militärische Intervention fordert, werde es keinen Dialog geben, betonte al-Assad in seiner ersten Rede nach den Parlamentswahlen im Mai. Das Land sehe sich einem „echten Krieg“ gegenüber. Die Wahlen seien eine „ideale Antwort an die Adresse der kriminellen Mörder und derjenigen, die sie finanzieren“, gewesen.

Der Kampf wird dem Land aufgezwungen

„Uns wurde ein Kampf aufgezwungen, und das Ergebnis ist das Blutvergießen, das wir sehen“, sagte der gewohnt kühl und distanziert wirkende Präsident, führte aber auch gleich die mögliche Lösung an: Nachdem die „Terroristen“ besiegt seien, werde das Land „sich erholen“, die Bürger würden „Frieden, Stabilität und Souveränität“ genießen.

Zuvor hatte die Arabische Liga bei einem Treffen in Katar am Samstag die Satellitenbetreiber Nilesat und Arabsat aufgefordert, die syrischen Fernsehsender zu blockieren, um al-Assad für seine Darstellung der Konflikte kein Forum zu bieten.

Der Vorsitzende des Syrischen Nationalrats, Burhan Ghaliun, erklärte, er würde eine militärische Aktion zur Beendigung der Gewalt gegen die Kämpfer der Opposition und die syrische Zivilbevölkerung begrüßen. Kofi Annan, der Sondergesandte der Arabischen Liga sowie der Vereinten Nationen, warnte vor einem Abgleiten Syriens in einen Bürgerkrieg. Die Gefahr werde Tag für Tag größer. Beängstigend sei dabei auch die konfessionelle Dimension des Konflikts.

Friedensdemos in Beirut, Schüsse in Tripoli

In der libanesischen Hauptstadt Beirut wurde am Wochenende friedlich und konfessionsübergreifend gegen ein Übergreifen der Gewalt aus Syrien demonstriert. Während sich ein paar Dutzend Libanesen als Clowns verkleideten, um ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen, kam es in Tripolis erneut zu – konfessionell bedingten – Kämpfen. Bei den Gefechten zwischen alawitischen Anhängern al-Assads und den sunnitischen Gegnern wurden mindestens 14 Menschen getötet und über 40 verletzt, meldete der libanesische TV-Sender LBC.

Libanons Innenminister Marwan Charbel erklärte, dass der Friedensplan zwischen den beiden verfeindeten und verarmten Stadteilen Bab al-Tabbani und Jebel Mohsen nicht nur den Aufmarsch der Armee entlag der Trennungslinie der Viertel beinhalte. Jeder, der in den Gebieten eine Waffe trage, werde ab Sonntagnachmittag erschossen. (mit dpa, reuters)

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11 Kommentare

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  • SD
    Stimme der Vernunft

    PS. Das ist ja noch besser: Prof. "Kalle" präsentiert uns zum Beleg darüber hinaus auch noch sein selbstzusammengestelltes Twitter-Menü.

     

    Und weil es arabisch-sprachig ist, müssen wir auch noch glauben, was dahinter stehe, habe Hand und Fuß. Und natürlich, dass der Kalle tatsächlich ein "Nahostexperte" ist, worauf er ja selbst Wert legt.

     

    Ich warte schon darauf, dass er als nächstes mit dem Augenzeugentum seiner Facebook-Freunde argumentiert.

  • SD
    Stimme der Vernunft

    @Kalle

     

    Oh je, schon wieder so einer: ein selbsternannter "Nahostexperte", und bildet sich zudem ein, er sei der einzige, der Statistiken lesen und Quellen bewerten könne. Und präsentiert dann zum Beweis eine arabische Quellen, bei der es keinesfalls sicher ist, ob er sie selbst richtig versteht. Geschweige denn Angaben zur Provenienz der darin enthaltenen Daten machen kann. Als nächstes werden überzogene Propagandabehauptungen dann mit russischen, bengalischen oder vietnamesischen Internet-Spaßseiten belegt - herzlichen Dank aber auch!

     

    Ah, der war gut. Also, sei doch bitte mal seriös und reiche Quellenangaben für Deine Zahlen nach. Solche, deren Seriosität auch die Leser einer solchen Kommentarseite überprüfen können. Sollte ja nicht so schwierig sein - wir leben ja in einer informationsoffenen Gesellschaft. Die meisten Leser hier verstehen sicher auch Englisch, und zur Not geht sicher auch Französisch. Nur bitte: achte dabei darauf, dass in solchen Statistiken wirklich nur politische Gefangene ausgewiesen sind!

     

    Denn wenn Du, wie es unsere Kriegspropagandisten in solchen Fällen immer gerne tun, überhaupt alle Gefängnisinsassen mitzählst, dann würden viele westliche Rechtsstaaten am Ende sogar schlechter dastehen als das damalige Libyen. Dann hätten am Ende auch wir 75.000 unserer Bürger in "Folterkellern", die USA sogar 2.25 Millionen.

     

    Bei den folgenden von Zahlen weiß ich zumindest, dass sie, wenn irgendwas, dann (freundlich gesagt) keinesfalls ÜBERtrieben sind:

     

    http://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-csu-warnt-vor-islamischen-fanatismus-1.1297193-6

     

    Hat die immer kriegsfreundliche Süddeutsche zudem ganz knapp und verschämt in einem Artikel mit anderen Kurzmeldungen versteckt - aber immerhin wurde es berichtet, also kann man sich im Nachhinein ja nicht beschweren, wir seien hier desinformiert ...

  • K
    kalle

    Übrigens, ausländische Einmischung und so. Wir deutschen Nahost-Experten können ja alle fließend Arabisch, also bedarf das keiner weiteren Erläuterung: http://arabic.ruvr.ru/2012_06_04/77027545/

  • K
    kalle

    @Stimme der "Vernunft": In Libyen befinden sich aktuell landesweit mehrere 1000 Menschen (die Schätzungen liegen zwischen 5000 und 7000) in Foltergefägnissen. Tendenz sinkend.

     

    Unter Gaddafi waren es bis zu 30000 Menschen PRO GEFÄNGNIS.

     

    Aber ich gebe zu: Zählen können ist schon schwer, das lernt man nicht auf der Grundschule...

     

    PS: Wer sich wirklich interessiert, was in Libyen passiert: http://twitter.com/#!/search/%E2%80%8F%D9%84%D9%8A%D8%A8%D9%8A%D8%A7

  • HS
    Hari Seldon

    @jürgen orlok:

     

    Nun, was steht im FAZ-Artikel:

     

    1. Es gibt Plätze in Damaskus, welche die Zivilbevölkerung (zB., die Taxifahrer) vermeiden, weil Todesangst von den "friedlichen, unbewaffneten, und demokratischen Opposition" haben.

     

    2. Die "friedliche, unbewaffnete, und demokratische Opposition" greift die Sicherheitskräfte mit Maschninengewehren, Strassenbomben, und Panzerfausten an. Bitte, was meinen Sie, welche Armee wurde die US-Regierung zB., in LA in einen solchen Stadtviertel schicken? Die Heilsarmee, die Nationalgarde (ausgestattet sogar mit Kampfjets), oder die US Special Forces? Sie können drei mal raten.

     

    3. Die Artikel erwähnt auch das eigentliche Problem: Armut und Arbeitslosigkeit. Aber Rebellion und Terrorangriffe schaffen keine Arbeitsplätze und wirtschaftliche Aufschwung: Im Gegenteil.

     

    4. Der Artikel schreibt auch, dass die "Opposition" will die UN-Beobachter nicht einlassen, weil augenscheinlich etwas verbirgt werden muss. Was meinen Sie, was will die "friedliche, unbewaffnete, und demokratische Opposition" verbergen? Vielleicht dürften die UN-Beobachter nicht mit der Bevölkerung reden, weil die Bevölkerung meckern würde, dass die Menschen Todesangst von den Halsabschneider (pardon "Freiheitskämpfer") hätten?

     

    So wir sollten bei den Fakten bleiben. Ca, die Hälfte der Todesopfer sind Sicherheitskräfte, so wenn Sie um eine "friedliche politische Opposition" reden, dann einfach lügen Sie, sogar vorsätzlich. Jeder Staat hat Anspruch auf Selbstverteidigung gegen solchen Terrorbanden.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Doch mal eben den Artikel bei der FAZ lesen ...

    Überraschung ...

     

    http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/syrien-zu-beobachten-ein-toedliches-schauspiel-11773183.html

  • SD
    Stimme der Vernunft

    Tja, da kann man Assads Rede mit noch so vielen Ausrufezeichen versehen - aber wo er recht hat, hat er recht. Auch wenn er sicher alles andere als ein Demokrat ist - aber wo er recht hat, hat er recht.

     

    Soll es die syrische Regierung denn zulassen, dass der Westen und seine von ihm bewaffneten und finanzierten Halsabschneider, Verzeihung, Freiheitskämpfer, das Land in ein zweites Libyen verwandeln? Eine in Elend versinkende Halbanarchie mit noch mehr Folterkellern als vorher und einer schwachen Regierung von Washingtons Gnaden?

     

    Vermutlich ist Assad nicht einmal an dem Massaker in Hula schuld: als es sich vor ein paar Tagen abzeichnete, dass es in Wahrheit von salafistischen Milizen (unseren Al-Quaida-Flaggen schwenkenden Verbündeten) begangen wurde, haben sich die Amerikaner schleunigst von ihrer sich auf dieses Massaker beziehenden Kriegshetze verabschiedet.

     

    Und warten jetzt auf das nächste Massaker, bei dem sich die wahren Hintermänner vielleicht mal nicht so leicht bestimmen lassen. Dann werden sie endlich ihren Kriegsgrund haben.

     

    Ganz ehrlich: orientalische Autokraten wie Assad sind mir gründlich zuwider - aber wie man heute an Libyen sieht, ist alles besser als die sogenannte Erzwingung irgendwelcher "Menschenrechte" durch die imperialen Strategen in Washington und Brüssel!

     

    PS. Syrien ist doch nur der Trittstein des Westens auf dem Weg zum Krieg gegen den Iran und zur endgültigen Oberherrschaft über die Erdölvorräte im Nahen Osten. Allein schon deshalb - und wegen der verlogenen Schweinepropaganda, mit der wir hier überflutet werden - wünsche ich Herrn Assad viel Erfolg bei dem Versuch, im Amt zu bleiben!

     

    Und dem syrischen Volk, dass dieser Bürgerkrieg bald zu Ende geht - ohne dass es danach zu einer weiteren westlichen Kolonie geworden ist.

  • T
    toddi

    Zitat "Wie will die NATO, wie sie vorgibt, mit Krieg ein Land befrieden und die Zivilbevölkerung schützen, wenn dort marodierende Banden herumziehen? Wäre das Chaos in Libyen nicht Warnung genug, wenn man es nicht darauf anlegen würde?! Wen wollen die NATO-Aggressoren zu Friedenszwecken angreifen? Es wird nach libyschem Vorbild Luftschläge gegen die Hauptstadt, die Führung des Landes und unbotmäßige Städte geben. Die einst von den USA gegründete Al Kaida übernimmt das Kommando. So wie in Libyen, wo die schwarzen Fahnen der Al Kaida über den Städten wehen. Seit Monaten operieren NATO Special Forces in Syrien, wie sich in Homs herausstellte. Für Luftangriffe benötigt man Spezialkräfte am Boden, die für die NATO-Bomber die Ziele zuweisen. Assad hat die gefangengenommenen NATO-Soldaten nicht zur Schau gestellt und versucht zu verhandeln. Das wird ihm nichts nützen. Zurückhaltung hat Gaddafi das Leben gekostet und Tausenden Libyern. Der Imperialismus vergibt nicht. Er will Syrien und Iran und morgen die ganze Welt...."

  • T
    T.V.

    Irgendwie erinnert mich die Tonlage von Assad stark an einen gewissen George W. Bush von vor 10 Jahren. Ein Schelm wer Böses dabei denkt..

  • B
    Benz

    ''Ausland für den „Terror“ verantwortlich''

     

    Diese Aussage ist objektiv und richtig, unabhängig davon wie man zu Assad und Syrien steht. Es kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass die Rebellen von Nato-Staaten und arabischen Staaten diplomatisch, finanziell und militärisch unterstützt werden.

     

    Ich vermute, ohne diese Unterstützung wäre der Aufstand schon lange vorbei und Syrien wieder friedlich.

  • J
    Jojo

    Schöner nüchterner Artikel! Danke

     

    Es stimmt: Syrien wurde ein Krieg aufgezwungen, dieser blockiert die weiter Entwicklung des Landes.

     

    Man sollte die bisherigen Massnahmen der Regierung ernst nehmen.

     

    - Die Notstandsgesetze in 2011 aufgehoben

    - es wurde eine Gruppe von 40 Syrern aus den Regierungs- und innersyrischen Oppositionskreisen beauftragt, einen Verfassungsentwurf zu erarbeiten

    - Über diesen Verfassungsentwurf wurde abgestimmt. Bei hoher Wahlbeteiligung wurde der Entwurf mit Mehrheit angenommen.

    - am 7. Mai waren Wahlen

    - jetzt erste Sitzung des Parlaments.

     

    Meine persönliche Meinung ist, das nachdem Frieden eingekehrt ist - Assad gehen sollte, damit es wie ein Neuanfang ist.

    Dies ist eines der letzten Länder in der Gegend, dass nicht dem religiösem Wahnsinn verfallen ist.