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Gewalt in NigeriaBoko Haram schlägt wieder zu

Erneut sind in Nigeria zwei Anschläge auf christliche Kirchen verübt worden. Zu den Gewalttaten bekennt sich eine radikalislamische Gruppe.

Opfer des Anschlages in Jos werden in der Universitätsklinik Gingham versorgt. Bild: dpa

JOS/NIGERIA dapd | Terroristen der radikalislamischen Sekte Boko Haram haben ihre Anschlagsserie auf Christen in Nigeria fortgesetzt: Bei zwei Angriffen am Sonntag wurden nach Polizeiangaben mindestens 7 Menschen getötet und mehr als 40 zum Teil schwer verletzt. Ein Boko-Haram-Sprecher übernahm auf einer Pressekonferenz im Namen seiner Organisation die Verantwortung für die Anschläge.

In der Stadt Jos an der Grenze zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden des Landes fuhr ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto voller Sprengstoff vor eine Kirche und sprengte sich in die Luft, wie Polizeisprecher Abu Emmanuel mitteilte.

Die Kirche stürzte teilweise ein, Menschen in dem Gotteshaus wurden dabei verletzt. Vier Menschen und der Attentäter wurden getötet, mehr als 40 Menschen zum Teil schwer verletzt. Wütende christliche Jugendliche machten in der Gegend nach dem Anschlag Jagd auf Muslime, berichteten Augenzeugen.

In Biu, einer Stadt in der nordöstlichen Provinz Borno, schossen Angreifer während eines Gottesdienstes in einer Kirche um sich. Dabei seien zwei Menschen getötet und mehrere verletzt worden, sagte ein örtlicher Priester.

Boko Haram, was "Westliche Erziehung ist Frevel" auf Hausa bedeutet, wird in diesem Jahr für den Tod von mehr als 560 Menschen bei Angriffen und Anschlägen verantwortlich gemacht. Die Ziele der Sekte sind oft Kirchen, Polizeiwachen und andere Gebäude der Sicherheitsbehörden.

Boko Haram hat sich zu Anschlägen auf eine Kirche in der Stadt Kaduna am Ostersonntag mit 41 und an Weihnachten auf eine Kirche in Madalla mit 44 Toten bekannt. Trotz einer massiven Militärpräsenz in der Unruheregion im Nordosten sind die fast wöchentlichen Anschläge der Sekte bisher nicht gestoppt worden. Für Kirchen im gesamten Land gelten verschärfte Sicherheitsmaßnahmen.

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6 Kommentare

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  • M
    Marie

    @ Abu

     

    so fehlgeleitet wie du angibst ist diese Übersetzung nicht (ich spreche zwar auch kein Hausa, beziehe meine folgende Argumentation aber auf jemanden der Hausa spricht). Der Begriff „Boko“ kommt in der Tat vom englischen Wort book, hat aber im Hausa einen Bedeutungswandel erlebt und gilt auch als Begriff für westliche Schulbildung in Abgrenzung zur islamischen Bildung, das auf Hausa ilimi (vom Arabischen [ain]ilm = Wissen) heißt… Somit kann man „Boko haram“ auch mit „westliche Bildung/Erziehung ist verboten“ übersetzen und nicht wie medial gern erzählt wird mit „Bücher verboten“…klingt natürlicher reißerischer, ist aber falsch…da bringen auch Vergleiche mit Indonesien und Malaysia nix, v. a. wenn sie den lokalspezifischen Kontext ausblenden….

  • A
    Abu

    Soso, "boko haram" bedeutet in der Haussa-Sprache also "Westliche Erziehung ist Frevel".

     

    Das finde ich eine ziemlich lachhafte Fehlinformation, die sehr viele Zeitungen, darunter leider auch die TAZ, mittlerweile voneinander abschreiben. Ich schlage vor, daß Sie mal einen muttersprachlichen Haussa nach der Bedeutung fragen.

     

    Ich spreche zwar nicht Haussa, aber ich habe viele Jahre in anderen, nicht-arabischen muslimisch geprägten Ländern, nämlich Malaysia, Indonesien und Brunei verbracht. Daher meine Meinung hierzu: "boko" oder in Indonesien und Malaysia "buku" ist ein Lehnwort aus dem Englischen, wo es "book" heißt, das deutsche "Buch" eben. "Haram" ist ein arabisches Wort, also sowohl in Haussa wie in Bahasa Indonesia ein regelrechtes Fremdwort, eigentlich ein theologischer Begriff, der angibt, daß etwas heilig ist, also nicht der profanen Welt ausgesetzt werden darf, im übertragenen Sinne "verboten".

     

    Nach meinem Gefühl würde man z.B. in Indonesien über so einen Humbug wie "boko haram" nur lachen: Bücher verboten, mit so einer extrem bildungsfeindlichen Losung wird da ein Religionskrieg vom Zaun gebrochen. Ich finde keine irgendwie geartete religiöse Ideologie verdient, daß sie mit Floskeln wie "Westliche Erziehung ist Frevel" aufgewertet wird, egal ob sich ein Imam oder der Papst vergaloppiert!!!

  • KN
    Kein Naturgesetz

    "Was wird sein,wenn der Islam hier in Deutschland, immer mehr an Bedeutung gewinnt und sich ebensolche radikalislamische Strömungen formieren?"

     

    Das ist kein Naturgesetz, wie man uns immer weis machen möchte, sondern letztlich die Entscheidung des Souveräns, z.B. wie Einwanderung gestaltet wird.

    Und auch ein gewisser Teil der Linken wird irgendwann merken, dass Kulturrelativismus nicht links ist, sondern reaktionärer Verrat an der Aufklärung.

  • C
    Carsten

    Es wäre wirklich mal ein positives Signal, wenn die deutschen Islamverbände dazu mal was von sich hören ließen. Wenn's ums Fordern und Beleidigtsein geht, können sie auch jeden Medienkanal souverän nutzen. Warum fällt denen zu der Aggressivität ihrer Glaubensbrüder nichts ein?

  • RS
    Robbie Spier

    Der achso friedliche Islam wieder in einer seiner "boeswilligen Auslegungen".

    Wohin man auch auf den Globus schaut, weil es Aerger gibt...

  • K
    Klaus

    Was wird sein,wenn der Islam hier in Deutschland, immer mehr an Bedeutung gewinnt und sich ebensolche radikalislamische Strömungen formieren?

    Froh und erwartungsvoll sehe ich unsere Zukunft jedenfalls nicht.