Gewalt in Nigeria: Mehr als ein Religionskampf

Am Wochenende starben Dutzende bei Straßenschlachten im Osten des Landes. Der Staat schaut zu. Über die Zahl der Opfer kann nur spekuliert werden.

Im Osten Nigerias kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Bauern und Viehzüchtern. Bild: Reuters

BAMAKO taz | Über die tatsächlichen Opferzahlen wird in Wukari, einem Städtchen im Bundesstaat Taraba im Osten Nigerias, noch spekuliert. Nach offiziellen Angaben der Polizei sollen dort nach den Freitagsgebeten 39 Menschen ums Leben gekommen sein, weitere 30 wurden verletzt. Lokale Medien gehen zwei Tage später aber von einer weitaus höheren Zahl aus und berufen sich auf Augenzeugen.

Diese beschreiben, dass es mindestens 100 Opfer gegeben haben muss, als es am späten Freitagnachmittag wieder einmal knallte, Wukari in Angst und Schrecken versetzt wurde und viele Einwohner versuchten, das Zentrum in letzter Minute zu verlassen und irgendwo im Busch zu schlafen.

Mittlerweile soll die Situation unter Kontrolle sein, sagt die Polizei. Dazu beigetragen habe wohl auch ihre 24-stündige Ausgangssperre.

Ein alter Konflikt ziwschen Viehzüchertn und Bauern

Auslöser war die Beerdigung eines traditionellen Herrschers der Jukun, einer der großen Ethnien in der Region, der überwiegend Christen angehören. Muslimische Jugendliche, viele von ihnen Fulani, sollen sich provoziert gefühlt haben, und wie schon öfter in Wukari begannen die Straßenschlachten. Erst im Februar hatte es dort bei Ausschreitungen mehr als 20 Tote gegeben. Anders als so häufig wurden diese immerhin untersucht. Ein Bericht dazu wurde ausgerechnet am Freitag veröffentlicht. Auch nach den neuerlichen Krawallen habe es, so die Polizei, rund 30 Verhaftungen gegeben.

Die Ursachen des Konfliktes dürfte das jedoch nicht bekämpfen. Laut nigerianischen Medien handelt es sich dabei vor allem um die Frage, wem das Land in Taraba gehört und wer Einheimischer, wer Siedler ist. Nicht nur in Taraba, sondern auch in anderen Bundesstaaten in Zentralnigeria werden Muslime häufig als Siedler wahrgenommen, die beispielsweise schlechtere Chancen haben, Land zu erwerben oder in politische Ämter zu kommen, obwohl sie teilweise bereits seit 100 Jahren vor Ort leben.

Regierung setzt Versprechen nicht um

Gerade bei den Fulani spielen aber auch Weidegründe eine besondere Rolle. Sie ziehen nach wie vor mit ihrem Vieh durch die Region, sehr zum Ärger der sesshaften Bauern, die immer wieder zerstörte Felder beklagen. Gewalt, wenn auch nicht im Ausmaß des vergangenen Wochenendes, bleibt nicht aus.

Verantwortlich dafür seien aber nicht nur die Fulani, beklagt Mohammed Nuru Abdullahi, Chef der Viehzüchtervereinigung im Nachbar-Bundesstaat Plateau. „Nach der Unabhängigkeit hat uns die Regierung Weidegrund versprochen, damit es nicht zu Konflikten kommt“, sagt er. Auch knapp 53 Jahre später sei dieses Versprechen kaum umgesetzt worden.

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