Gewalt in Ägypten: Menschen vor Kirche erschossen
Sie wollten zu einer Hochzeit, als die Schüsse fielen: Drei Menschen starben in Kairo vor einer koptischen Kirche. Es gibt in Ägypten immer wieder Angriffe auf Christen.
KAIRO afp/dpa | Bei einem Angriff bewaffneter und vermummter Motorradfahrer auf eine koptische Kirche in Kairo sind am Sonntagabend mindestens drei Menschen getötet worden. Bei den Opfern handele es sich um einen Mann, eine Frau und ein achtjähriges Kind, teilte das Innenministerium mit.
Die Angreifer hätten auf eine Menschengruppe geschossen, die sich zu einer Hochzeit vor der Kirche im Viertel Waraa versammelt habe. Über das Motiv der Angreifer machte das Ministerium keine Angaben. Die Nachrichtenagentur dpa berichtet von einem weiteren Todesopfer. Zwölf weitere Besucher der Hochzeit seien nach Angaben von Krankenhausärzten verletzt worden, heißt es weiter.
Zuvor hatte es in der Hauptstadt Zusammenstöße zwischen der Polizei und Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gegeben. Die Polizei belagerte die renommierte sunnitische Al-Aschar-Universität, in der sich Hunderte von Mursi-Anhängern befanden. Sie hatten zuvor in dem Gebäude Steine geworfen, anschließend verließen sie das Gelände und blockierten eine Hauptstraße. Den Angaben zufolge setzten die Beamten Tränengas ein. Angaben über Verletzte oder Festgenommene lagen zunächst nicht vor.
Es war der zweite Protesttag in Folge an der Universität, die zu den angesehensten Bildungseinrichtungen der islamischen Welt gehört und an der viele Anhänger von Mursis Muslimbruderschaft studieren.
Mursi vor Gericht
In Ägypten hatte es zuletzt mehrere gewaltsame Übergriffe auf Christen gegeben, allerdings nicht in Kairo. Der Angriff vom Sonntag war der erste in der Hauptstadt seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juli. Für die jüngsten Angriffe im Land auf Christen werden Mursi-Anhänger verantwortlich gemacht. Etwa sechs bis zehn Prozent der rund 84 Millionen Ägypter sind christliche Kopten. Sie stehen in der politischen Krise des Landes großteils auf Seiten der Gegner Mursis.
Mursi, der erste freigewählte Präsident Ägyptens, war am 3. Juli vom Militär gestürzt worden. Seine Entmachtung hatte wochenlange Unruhen ausgelöst, zwei Protestlager seiner Anhänger wurden im August gewaltsam von ägyptischen Sicherheitskräfte geräumt. Dabei kamen Hunderte Menschen ums Leben. Seit dieser Eskalation erlaubt die Regierung der Polizei, scharfe Munition einzusetzen, um sich selbst oder wichtige Regierungsgebäude zu verteidigen.
Mursi selbst muss sich am 4. November vor Gericht wegen Anstachelung zur Gewalt bei einer Massendemonstration vor dem Präsidentenpalast im Dezember 2012 verantworten. Dabei waren Gegner Mursis von seinen Anhängern angegriffen worden. Zehn Menschen starben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus