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Gewalt bei Demo gegen NSU-TerrorMit der Fahnenstange zugestoßen

Bei einer Demo gegen den NSU-Terror soll Deniz K. einen Polizisten mit einer Stange angegriffen haben. Nun ist er angeklagt – sein Anwalt sagt, er habe sich nur gewehrt.

Der Polizeihelm schützte vor der Stange. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Nürnberger Staatsanwaltschaft will einen 19-jährigen Mann wegen versuchten Totschlags an zwei Polizisten anklagen. Deniz K. soll bei einer Demonstration Ende März in Nürnberg das spitze Ende einer Fahnenstange aus Holz in Richtung des Kopfes der beiden Beamten gestoßen haben. Die voll uniformierten Polizisten waren bei der Auseinandersetzung nicht verletzt worden.

Am 31. März hatten etwa 500 Menschen in Nürnberg wegen des NSU-Terrors gegen Nazis und den Verfassungsschutz demonstriert. Die von den Anmeldern des „Antifaschistischen Aktionsbündnis“ gewünschte Demoroute war von der Stadt abgelehnt worden, die Polizei hinderte die Menge daran, dennoch in die Innenstadt zu gelangen.

Die Demonstranten mochten dies nicht hinnehmen. Zweimal versuchte eine Gruppe die Absperrung zu durchbrechen. Sie trugen rote Fahnen, die Absperrung werteten sie als Versuch, ihre Kritik vor der Öffentlichkeit zu verstecken, wie es später in einer Stellungnahme hieß. Mit dabei war Deniz K. Die Situation kochte schnell hoch: Einzelne Böller flogen, die Polizei setzte Pfefferspray und Knüppel ein. Auf Videos ist zu erkennen, dass die eingesetzten Polizisten in voller Montur im Einsatz waren.

Schließlich gaben die Demonstranten auf. Vier Beamte wurden leicht verletzt, die beiden, auf die K. losgegangen sein soll, sind nicht darunter. Die Nürnberger Nachrichten schrieben am nächsten Tag, die Demo sei „weitestgehend friedlich“ verlaufen. K. selbst wurde an dem Tag nicht festgenommen. Drei Wochen später, auf einer anderen Antifa-Demo in Ludwigshafen, geriet der in Stuttgart lebende Deniz K. schließlich ins Visier der Polizei. „Anhand von Lichtbildern“, sagt ein Sprecher der Nürnberger Staatsanwaltschaft, sei er identifiziert und festgenommen worden. Am nächsten Tag wurde er nach Nürnberg überstellt, der Richter erließ Haftbefehl. Seitdem sitzt K. in Untersuchungshaft.

„Den Tod billigend in Kauf genommen“

„Die Fahnenstange war zwei Meter lang, das untere Ende angespitzt“, sagt Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke. Zwar seien die Stöße an Helm und Brustpanzerung abgeprallt. „Aber er hat den Tod der Beamten billigend in Kauf genommen.“ Schließlich sei es theoretisch denkbar gewesen, dass der Stoß eine Stelle trifft, die nicht geschützt war.

„Absurd“ sei der Vorwurf der Tötungsabsicht, sagt sein Anwalt Martin Heiming in einem Interview mit den Nürnberger Nachrichten. In Nürnberg hat sich ein Solidaritätskomitee gebildet, das die Freilassung von K. fordert. „Die Polizei hat immer wieder provoziert und versucht, eine gewalttätige Auseinandersetzung herbeizuführen“, sagt eine Sprecherin des Komitees. Deniz K. habe sich nur „in legitimer Weise gewehrt“.

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8 Kommentare

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  • EL
    erst lesen dann schreiben

    @Aha ich würde erstmal richtig den Artikel lesen bevor ich irgendeinen Kommentar schreibe. Erstens ging es nicht um eine gegendemo

    und zweitens ist das eine berechtigte frage, warum wird tatenlos zugeschaut wenn nazis übergriffe auf linke wohnprojekte oder linke demonstranten oder gewerkschafter etc ausüben?

  • B
    brikan

    jetzt provoziert schon die Polizei manno manno wo leben wir.Deniz kann ja später in die Politik...........

  • UH
    Udo Henn

    Derartigen Berufsdemonstranten geht es nicht um die Sache, sondern um die Stoerung der oeffentlichen Ordnung um jeden Preis. Gegen solche Typen, die in der Naehe von Terroristen anzusiedeln sind. kann man gar nicht hart genug vorgehen.

  • A
    Aha

    zum heulen: Ganz gleich wie unappetitlich die ursprüngliche Demonstration ist, gegen welche sich die sog. Gegen-Demo bildet: Ärger mit der Polizei, Zerstörung von Sachwerten Unbeteiligter, Brände, Schwerverletzte, nun schon Anklagen wegen Totschlags, gibt's immer und ausschließlich auf und aufgrund der linken (eigentlich doch "friedlichen") Gegen-Demo. Warum?

  • B
    Bachsau

    Überhaupt muss die Anmeldepflicht für Demos und das Recht zum Verbot selbiger gekippt werden. In einer Demokratie muss es möglich sein, jederzeit und Überall zu demonstrieren.

  • B
    Bachsau

    Er wird wohl Recht haben, ob er Recht bekommt ist eine andere Frage. Fest steht: Die Polizeigewalt in Deutschland darf nicht weiter hingenommen werden.

  • RA
    Ragnar aus Fürth

    Das zeigt eines: Das System funktioniert nicht. Wir haben auf der einen seite Polizisten, in voller Aufstands Niederschlagungs Montur, die einen Helm serienmäßig umfasst, mit Pfefferspray, Knüppeln, und sonstigem Aufstandsniederschlagungshandwerkszeug, und auf der anderen Seite einen fast noch Minderjährigen Antifa, mit nichts anderen als einer Fahnenstange bewaffnet dasteht. Jetzt stellen sich mir 3 große Fragen:

     

    1. Wenn ich Schutzkleidung kaufe, und diese mich nicht schützt, ist es dann Schutzkleidung? Wird die Polizeidirektion ihren Polizisten neue Ausrüstung spendieren, die auch einer Fahnenstange standhält, oder wird im Zuge der "Null toleranz für extremismus, egal von wo" strategie billigend in kauf genommen, ( stichwort http://www.gdp.de/id/DE_GdP_fordert_115_gegen_uebergriffe_auf_Polizisten ) dass Polizisten verletzt werden, um populistische Gesetze durchzudrücken, die Wiederstand und Selbstverteidigung gegen "zu engagierte" Gesetzeshüter mit Gewaltmonopol unter Strafe zu stellen?

     

    2. Wenn ein halbes Kind mit einer Fahnenstange nach einem Polizistzen in vollem Körperpanzer sticht, und es ist dann Mordversuch, was bedeutet es dann, wenn mehrere Polizisten mit Knüppeln auf die ungepanzerten Demonstranten einschlagen, so dass diese mehrere Platzwunden erhalten? Nebenbei bemerkt, ich heiße nicht Gewalt gegen Leute gut, die nur ihre Arbeit machen. ich finde es nur unschön, dass es dann mit zweierlei Maß gemessen wird. Wenn ein Angriff auf jemanden, der einen Ganzkörperpanzer genau gegen diese Art von Verletzungen trägt, ein versuchter Mord ist, was ist es dann, wenn, trotz Gewaltmonopol, gezielt mit Polizeischlagstöcken auf ungeschützte Köpfe geschlagen wird? Ich hätte nichts dagegen die gesammten prügelnden Polizisten wegen "Versuchten Mord im Amt" vor den Richter kommen, sollte Deniz verurteilt werden.

     

    3. Es ist erstaunlich, zu was für zufällen es kommen kann. Es kann auch daran liegen, dass ich ein unbedarfter und unintelligenter Mensch bin, aber:

     

    - Ich halte es für einen großen Zufall, dass die polizei am heftigstem zurückschlug, als vom Lautsprecherwagen der Demo auf die Verstrickungen der Nürnberger Polizei im zusammenhang mit den Nürnberger NSU Morden und dem Freiem netz süd hingewiesen wurde. Ebenso ist anzumerken, dass die gleichen Polizeieinheiten von damals einen "Spontanen" aufmarsch von nazis anstandslos durch fürth gewunken hatten, aber bei der vorabenddemo zum erstem Mai den Demonstrationszug stoppten und fast nicht laufen ließen, da ihnen zusammengeknotete seitentransparente nicht gefielen.

     

    - Ich halte es für einen zufall, dass die Polizisten es damals trotz martialischen Auftretem nicht schafften, Deniz auf der stelle festzunehmen, und keinen Haftbefehl aussandten, oder verstärkung anforderten. Ein genausogroßer Zufall ist es, dass auf einer räumlich doch sehr entfernten Demo eben dieses Lichtbild vorliegt, anhand dessen ein Demonstrant so sicher identifiziert werden kann, dass es zu einer festnahme kommt.

     

    - Ich halte es für einen großen Zufall, dass später an der demo ein ausbruchsversuch der Demo in die Nürnberger innenstadt in einer Gasse abgefangen wuirde, und Polizisten mit voller aufstands niederschlagungs Montur mit den Worten " knüppelt sie nieder" und " Jetzt zahlts ihnen heim" die beteiligten so heftig niederschlugen, dass mehrere stark blutende Kopfverletzungen bei den Demonstranten entstanden, und ein Sanitätswagen gerufen werden musste. Honi soit qui mal y pense, ein schelm wer dabei schlechtes denkt!

     

    Um es in drei punkten zusammenzufassen:

     

    1. Wenn ich von einem sich nicht identifiziertem Uniformiertem angegriffen werde, kann ich aufgrund einer fehlenden Verfassungstreue Erklährung aller Polizeibeamten nicht davon ausgehen, dass es sich um einen berechtigten Angriff handelt. In meinem Rechstverständnis gilt hierbei also das Recht auf Selbstverteidigung gegen Tötungsabsicht, insbesondere falls gezielt nach meinem Kopf geschlagen wird.

     

    2. So lange es keine Kennzeichnungspflicht für Polizisten gibt, ist es nicht gegeben, dass ich im Falle eines "faulen Apfels" in den reihen der durchschnittlich vernünftigen Polizisten Anzeige erstatten kann. Somit ist es fast unmöglich, angemessen auf Ausufernde Polizeigewalt zu reagieren.

     

    3. So lange nicht die videos und die Lichtbilder der Anklageführung veröffentlicht wurden, und geklährt wurde ob sich unter den Randalierern in ersterFfront bezahlte "Agents provocateurs" der Polizei / V-Männer / Frauen befanden, ist der wahrheitsgehalt der Anzeige anzuzweifeln.

     

    Sollte bei den Konflikten Polizisten verletzt worden sein, spreche ich ihnen dann mein Mitgefühl aus, wenn sie den lokalen Antifaschisten ihr Mitgefühl für die durch Gewaltanwendung der Polizei Verletzten aussprechen.

  • SW
    S. Weinert

    Auch wenn ich dem Vorwurf einer vorhandenen Tötunsabsicht eher skeptisch gegenüber stehe, vor allem mit dem unbestimmten und extrem dehnbaren Begriff der "billigenden Inkaufnahme" als Begründung - ich möchte nicht als Polizeibeamter trotz Schutzkleidung (die vor allem am Hals recht offen ist) mit einem angespitzten Holzpflock angegriffen werden. Und wenn dann noch das unverschämte Argument folgt, es habe sich um "legitimen" Widerstand gehandelt, wünsche ich dem Täter schon eine gehörige Abreibung und dem Rest der Bagage gleich mit...

     

    Ich werde mich nach den gesammelten Vorkommnissen der vergangenen Tage gegenüber der Polizei in Zukunft nicht mehr wundern, wenn sie mit besonderer Härte vorgehen. Und immer mehr können sie damit bei mir mit Verständnis und Zustimmung rechnen. Wer weiß, vielleicht ziehen irgendwann ja auch mal die Damen und Herren Richter mit und es kommt dann auch mal zu einer exemplarischen Verurteilung.