Getötete Umweltschützer in Peru: Gefährlicher Lebensraum
Bei der Klimakonferenz präsentiert sich Peru als stolzer Gastgeber für die Welt. Doch Umweltschützer müssen in dem Land oft um ihr Leben bangen.
BUENOS AIRES taz | Aus der peruanischen Amazonasregion Ucayali reiste Diana Rios im November nach New York. Dort nahm die 21-jährige Indígena vom Volk der Asháninka für ihre Gemeinschaft von Saweto einen Preis der Alexander-Soros-Stiftung entgegen. Doch was auf eine anerkennende Geste hindeutet, hat einen traurigen Hintergrund.
Diana Ríos ist die Tochter eines von vier ermordeten Anführern der Asháninka, die sich gegen illegale Abholzungen und Drogenhandel auf ihrem Territorium im peruanisch-brasilianischen Grenzgebiet eingesetzte hatten. Edwin Chota, Jorge Ríos, Leoncio Quincicima und Francisco Pinedo waren am 1. September getötet worden.
„Die Verantwortlichen sind allem Anschein nach Mafiosi, die wirtschaftliche Interessen am illegalen Holzfällen haben, und die sich mit denen konfrontiert sehen, die als einziges nur ihre Wälder schützen“, zeigte sich Staatspräsident Ollanta Humala betroffen. Damit unterstreicht er jedoch vor allem eines: die Abwesenheit staatlichen Schutzes.
UmweltschützerInnen leben in Peru gefährlich. In dem von der US-Organisation Global Witness im November veröffentlichten Bericht „Peru’s Deadly Environment“ wird festgestellt, dass seit 2002 mindestens 57 AktivistInnen getötet worden, davon über 35 allein in den letzten vier Jahren. Die Mehrzahl der Morde steht in Zusammenhang mit Landkonflikten, Bergbau und illegale Abholzungen. Peru steht damit auf Rang vier der Staatenliste.
Abholzungen bis 2017 halbieren
„Zur gleichen Zeit, in der die peruanische Regierung die Verhandlungen zur Lösung der Klimakrise leitet, ist sie nicht in der Lage, die Leute zu schützen, die an der Spitze des Umweltschutzes stehen“, sagt Global Witness-Mitgründer Patrick Alley. Über 70 Prozent der indigenen Gemeinschaften haben keine offiziellen Landtitel.
Den Menschen in Ucayali macht jedoch nicht nur der illegale Holzeinschlag zu schaffen. Spätestens seit Anfang des neuen Jahrtausends gefährden weitläufige Ölpalmplantagen den Wald in Ucayali und in den Nachbarregionen. Nach Angaben des Agrarministeriums stieg die Fläche der in Monokultur stehenden Ölpalmen von 2002 bis 2012 auf 53.000 Hektar. Der weitaus größte Teil der Plantagen konzentriert sich auf die Regionen San Martín und Ucayali.
Ein im September von Peru, Norwegen und Deutschland unterzeichnetes Kooperationsabkommen zur Reduzierung von Treibhausgasen durch Entwaldung und Waldschädigung ist denn auch mit äußerster Skepsis zu betrachten. Demnach soll Peru bis 2017 die jährlichen Abholzungen halbieren und bis 2021 eine ausgeglichen Treibhausgasbilanz erreichen.
Norwegen ist bereit, dafür 300 Millionen Dollar aufzubringen, Deutschland sei durch bereits laufende Projekte in Peru ausreichend finanziell involviert. Das Vorhaben soll jedoch „zur nachhaltigen Entwicklung von Perus Land- und Forstwirtschaft und im Bergbausektor beitragen“, heißt es.
Urwald zu Palmölplantagen
Auch wenn das Abkommen die Unterschrift von Perus Umweltminister Manuel Pulgar Vidal trägt, zeigt die Zielvorgabe den weitaus größeren Einfluss des Agrar- und Bergbauministeriums. Ohnehin wurde der Umweltminister im Juli weitgehend kaltgestellt. Seither darf sein Ministerium keine Naturschutzgebiete mehr ausweisen, in denen Bergbau und die Suche nach Öl verboten sind.
Das überrascht nicht. Perus wirtschaftliche Entwicklung hängt von der Exportwirtschaft ab. Noch immer stammen 60 Prozent der Exporterlöse aus dem Bergbaubereich. Vor allem Kupfer- und Silbervorkommen werden entlang der Anden ausgebeutet. Die Abhängigkeit macht sich gegenwärtig durch die fallende Rohstoffpreise empfindlich bemerkbar. Mit knapp 7 Prozent folgen noch recht bescheiden die Agrarexporte aus der Landwirtschaft.
Da wächst der Druck auf andere Bereiche. Auch deshalb stehen im Agrarbereich die Zeichen auf Ausbau. Vor allem die Palmöl-Lobby macht in Sachen Plantagen unverhohlen mobil. Im peruanischen Urwald gebe es 600.000 Hektar, die potenziell in Palmölplantagen verwandelt werden könnten, gab das Agrarministerium bereits Anfang des Jahres bekannt. Palmölplantagen fallen nach den Kriterien der Lobby selbstverständlich unter die Nachhaltigkeit.
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