Getötete Isaf-Soldaten in Afghanistan: Grün gegen blau
Immer häufiger werden Nato-Soldaten von afghanischen Soldaten und Polizisten getötet. Die Taliban reklamieren diese Attentate für sich.
BERLIN taz | Eine deutliche Zunahme sogenannter Grün-auf-Blau-Angriffe zwingt das US-Militär in Afghanistan, die Sicherheit für die eigenen Soldaten und Söldnertruppen weiter zu erhöhen. In sieben Fällen hatten afghanische Soldaten und Polizisten („Grün“) allein in den vergangenen zwei Wochen auf Soldaten der internationalen Isaf-Truppe („Blau“) geschossen, dabei zwölf getötet und acht verletzt.
Die liberale New America Foundation in Washington registrierte seit Jahresbeginn 26 solcher Vorfälle. Nach dem ersten Grün-auf-Blau-Angriff 2007 hat sich seit 2009 deren Zahl kontinuierlich und drastisch erhöht. Insgesamt starben in den bisher bekannt gewordenen 54 Vorfällen 104 Soldaten aus neun Ländern, 86 wurden verletzt. Das sind etwa 10 Prozent aller Isaf-Verluste in dieser Zeit.
Allerdings meldet das US-Militär in der Regel nicht, wenn Söldner verwickelt sind, obwohl sie oft mitkämpfen. Auch drei Bundeswehrsoldaten sind unter den Toten, sechs unter den Verletzen. Sie wurden im Februar 2011 in einem Außenposten in der Provinz Baglan Opfer eines afghanischen Soldaten.
Die neuen Selbstschutzmaßnahmen des US-Militärs zwingen die Soldaten unter anderem, jetzt auch im eigenen Camp stets eine geladene Waffe zu tragen. Da der US-Kommandeur in Personalunion auch die Isaf befehligt, dürfte diese Maßnahmen auch auf Soldaten anderer Nationen wie etwa der Bundeswehr ausgedehnt werden. Wie ernst die USA die Vorfälle nehmen, zeigt der Kabulbesuch des US-Oberkommandierenden Martin E. Dempsey am Wochenende. Dabei wurde sein Flugzeug von einer Taliban-Rakete beschädigt.
Zuletzt reklamierten die Taliban die Grün-auf-Blau-Angriffe für sich. Ihr oberster Führer, Mullah Muhammad Omar, erklärte in seiner Botschaft zum Ende des Ramadan, seine Kämpfer hätten gemäß eines im Vorjahr aufgestellten Plans „clever die Reihen des Feindes infiltriert“, der nun selbst in seinen „verbarrikadierten Garnisonen keinen ruhigen Atemzug“ mehr tun könne.
Die Nato streitet das natürlich ab, da das auf Sicherheitslücken bei der Rekrutierung deuten würde. Die bestehen auch – aber bei den Angriffen scheint es sich vor allem um einen Ausdruck der weitverbreiteten Frustration unter Afghanen über die in ihren Augen fehlgeschlagene internationale Intervention zu handeln. Dies schlägt inzwischen von der Zivilbevölkerung auch auf die Streitkräfte durch.
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