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Gesundheitsförderung in SchwedenSexkauf auf Staatskosten

Schwedische Staatsbedienstete könnten sich mithilfe einer App bezahlten Sex erschlichen haben. Nun fallen Thai-Massage-Salons unter Generalverdacht.

Unerwünschte Sexualisierung der Thaimassage Foto: Juligurjos/imago

Härnösand taz | Man stelle sich vor, Männer lassen sich den Besuch bei einer Prostituierten von ihrem kommunalen Arbeitgeber finanzieren, also mit Steuergeldern. Das wäre auch in Deutschland skandalös. In Schweden kommt bei diesem Verdacht erschwerend hinzu, dass der Kauf von sexuellen Diensten dort seit Jahrzehnten strafbar ist.

Was ist da los in Schweden? Und warum stehen jetzt Thaimassagesalons unter Generalverdacht?

Zuerst hatte der öffentlich-rechtliche Radiokanal P4 berichtet, wie leicht es sei, steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse für Gesundheitsförderung auf unzulässige Weise zu nutzen.

Von 100 Gesundheits- und Körperpflegesalons, die P4 kontaktierte, war demnach die Hälfte gerne bereit, eine falsche Quittung auszustellen. Fußpflege etwa ist für Personal, das im Job viel steht und geht, als vorbeugende Maßnahme anerkannt. Steht Fußpflege auf dem Zettel, kann mit einer App bezahlt werden, die inzwischen ein Drittel der Kommunen zur Verwaltung ihrer Fitnesszuschüsse nutzt. Ob man sich in Wirklichkeit die Fingernägel hat machen lassen, weiß ja dann keiner.

Unerwünschte Sexualisierung von Thaimassage

Der Chef der App reagierte mit Bedauern – manche angeschlossenen Anbieter müssten wohl besser kontrolliert werden. Kurz danach informierte P4 die Öffentlichkeit auch noch darüber, dass in der App 21 Salons für Thaimassagen gelistet sind, die in Urteilen und polizeilichen Ermittlungen wegen versteckter Prostitution auftauchen.

Ein Ermittler der Polizei zitiert laut dem Bericht höhnische Äußerungen von Sexkäufern in Chats, nach dem Motto: Wie schön, dass man sich den Prostituiertenbesuch von der öffentlichen Hand als Gesundheitsvorsorge erstatten lassen kann.

Natürlich, Prostitution gibt es trotz Sexkaufverbots in Schweden. In den vergangenen Jahren nahmen Verdachtsfälle und Urteile gegen Thaimassagesalons zu. Leidtragende unter anderem: die große Mehrheit der seriösen Anbieter – sie müssen sich mit unerwünschter Sexualisierung ihres Handwerks auseinandersetzen. Schon 2023 berichtete eine Betreiberin dem schwedischen Rundfunk, wie wütend sie sei über die eindeutigen Anfragen vieler Männer. Sie stellte ein Schild auf: „Alle Versuche, Sex zu kaufen, werden der Polizei gemeldet.“

Am Dienstag entschied die besagte App für Fitnesszuschüsse nun auch noch, Thaimassagesalons vorerst ganz aus dem Angebot zu streichen. „Ungerecht“, so lautet es seitdem aus betroffenen Salons im ganzen Land. Eine Sprecherin des Projekts „RespektThai“, das sich gegen die Sexualisierung und der Belästigung von Frauen in der Branche engagiert, äußerte gegenüber P4 zwar Verständnis dafür, dass man gegen unseriöse Anbieter vorgehen wolle. Diese Entscheidung treffe nun aber auch seriöse Kunden und Unternehmen.

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3 Kommentare

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  • Es einfach nur als massagesalon zu bezichnen, war wohl nicht drin. Ziemlich abwertend den thailändern gegenüber...



    Und das in der taz...

    • @Hannes Petersen:

      Wenn es aber hauptsächlich um thailändische Massagesalons dreht und nicht um andere dann macht es doch Sinn das auch so zu benennen. Vor allem dann wenn es darum geht gerade diese aus dem Angebot zu streichen und keine anderen.



      Was ist an wichtigen Infos abwertend ohne die der Artikel sinnlos wäre.

      • @Furth im Wald:

        Gabs da nich ma die diskussion ueber herkunft und so?



        Naja. Ihre argumentation merk ich mir fuer andere artikel. ;-)