Gesprengte Geldautomaten: Gekniffen ist der Kunde
In Niedersachsen steigt die Zahl der Geldautomatensprengungen auf ein Rekordhoch. Ärgerlich ist, dass künftig die Kunden darunter leiden werden.
M al wieder gibt es in Niedersachsen Aufregung um Geldautomaten-Sprengungen. Das Phänomen ist schon länger bekannt: Weil niederländische Banken ihre Geldautomaten mit Schutztechnik nachgerüstet haben, treiben die auf dieses Geschäft spezialisierten Banden nun bevorzugt in Niedersachsen ihr Unwesen.
Das ist über die Autobahnen gut zu erreichen und noch viel schneller wieder zu verlassen, vor allem, wenn man sich nicht scheut, mit 300-PS-Karren ordentlich Gas zu geben, während die Polizei nur noch hinterhergucken kann. Für all dies hat der niedersächsische Innenminister Boris „Auch Sozis können Law & Order“ Pistorius nun einmal mehr markige Worte gefunden.
Bei seiner jährlichen Pressekonferenz zum „Lagebild organisierte Kriminalität“ geißelte er die Rücksichtslosigkeit dieser Banden – immerhin nehmen die mit ihrem Plastiksprengstoff locker in Kauf, das angrenzende Wohnhäuser beschädigt werden oder in Brand geraten, von der Verletzungsgefahr für Passanten oder andere Verkehrsteilnehmer bei den halsbrecherischen Fluchtfahrten einmal ganz zu schweigen.
Pistorius machte allerdings auch deutlich, dass er an dieser Stelle mehr von den betroffenen Banken erwartet. Die sollten – nach niederländischem Vorbild – ihre Geldautomaten nachrüsten und mit Farbbomben oder Klebetechnik dafür sorgen, dass die Beute unbrauchbar wird.
Die Banken sind beleidigt
Für den Fall, dass sie dies nicht in ausreichendem Maße tun, kündigte er schon einmal eine Bundesratsinitiative an, mit der man die unwilligen Banken in die Pflicht nehmen wolle. Das stößt nun wiederum einigen der betroffenen Bankenverbände ziemlich sauer auf, wie der Weser-Kurier zuerst berichtete.
Der zitiert aus einem Schreiben von Sparkassenverbands-Präsident Thomas Mang und den Vorständen von zwei Genossenschaftsverbänden an Pistorius: „Öffentlich verbreitete Pauschalvorwürfe und sachlich verkürzte Darstellungen helfen allen Beteiligten an dieser Stelle sicher nicht weiter.“
Immerhin sagen die Bänker, hätten sie bereits erhebliche Mittel investiert, vor allem in die Reduzierung von Fluchtmöglichkeiten, Vernebelungsanlagen, Einfärben der Geldkassetten und nächtliche Schließungen.
Im Übrigen gebe es ja schon lange Gespräche zu diesem Thema, eine entsprechende Kooperationsvereinbarung zwischen Ermittlungsbehörden, Kreditwirtschaft und Innenministerium sei aber bisher nicht unterzeichnet worden.
Maßnahme Nr. 1: Verkürzung der Öffnungszeiten
An der von Pistorius so gern hervorgehobenen Klebetechnik gebe es einen Haken – die sei bisher nämlich gar nicht zugelassen. Sie scheitert möglicherweise – das deutet zumindest das Hintergrundmagazin „Rundblick“ an – auch daran, dass die Bundesbank sich bisher weigere, die auf diese Art und Weise unbrauchbar gemachten Geldscheine zu ersetzen. Für die zerstörten Geldautomaten kommt dagegen in der Regel die Versicherung auf.
Gekniffen ist bei alldem mal wieder der Kunde. Maßnahme Nr. 1 der Banken ist nämlich häufig eine Verkürzung der Öffnungszeiten. Und wenn der Unterhalt von Geldautomaten deutlich teurer wird, kann man sich ausrechnen, dass dies ziemlich sicher den Abbau weiterer Standorte nach sich ziehen wird. So kann man dem viel beklagten Bargeldfetisch der Deutschen natürlich auch beikommen.
Die Frage ist nur, wer dabei nun wieder auf der Strecke bleibt: Vermutlich vor allem die Senior*innen, die auf eine wohnortnahe Versorgung angewiesen sind und solchen Dingen wie Kartenzahlungen und Onlinebanking eher skeptisch gegenüber stehen.
Die müssen ihr Bargeld möglicherweise künftig an der Supermarktkasse oder Tankstelle holen. Dieser Service wird immerhin immer weiter ausgebaut – bei manchen sogar schon ohne Mindesteinkaufswert.
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