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Gesetzesentwurf zur Störerhaftung„WLAN ist wie ein Glas Wasser“

Betreiber von offenen WLAN-Netzen haften indirekt für die Handlungen seiner Nutzer. Nun fordern Netzaktivisten in einem Gesetzesentwurf die Abschaffung der „Störerhaftung“.

Noch haften Gastgeber für ihre Gäste. Bild: dpa

BERLIN dpa | Betreiber offener WLAN-Netze in der Gastronomie sollen künftig nicht mehr für Handlungen ihrer Gäste haftbar sein – mit diesem Ziel hat der Verein Digitale Gesellschaft am Dienstag einen eigenen Gesetzesvorschlag vorgelegt. Die Netzaktivisten hoffen, dass ihr Entwurf von der Politik aufgegriffen und in den Bundestag eingebracht wird. Eine erste positive Reaktion kam aus der Piratenpartei.

Café- und Gaststättenwirte sowie Hoteliers und alle anderen Betreiber eines offenen WLANs müssen mit hohen Geldbußen und Strafen rechnen, wenn jemand ohne ihr Wissen die Netzverbindung auf illegale Weise nutzt und beispielsweise Urheberrechtsverletzungen begeht. Weil es für Geschädigte wie für Polizei und Staatsanwaltschaft oft nicht möglich ist, den eigentlichen Verursacher von Straftaten zu ermitteln, wird dann der Betreiber des WLANs haftbar gemacht. Diese sogenannte Störerhaftung hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom Mai 2010 ausdrücklich bestätigt.

„Wer sein WLAN anderen zur Mitnutzung zur Verfügung stellt, tut etwas Gutes und sollte dafür nicht potenziell bestraft werden“, erklärte der Vorsitzende des Vereins Digitale Gesellschaft, Markus Beckedahl. „Für Datenreisende ist diese digitale Nachbarschaftshilfe einem gereichten Glas Wasser vergleichbar.“

Der Gesetzentwurf sieht eine haftungsrechtliche Gleichstellung von privaten WLAN-Betreibern und Gewerbetreibenden mit kommerziellen Anbietern von DSL-Verbindungen vor. Diese sind von der Haftung für Straftaten befreit, die Kunden im Netz begehen. „Wir wollen vor allem zeigen, wie einfach es ist, das Problem der Haftung für WLANs aus der Welt zu schaffen“, erklärten die Netzaktivisten. „Deswegen bieten wir auch kein Thesenpapier an, sondern einen fertigen Gesetzentwurf – den kann man einfach kopieren und in die Parlamente tragen.“

Der Fraktionsvorsitzende der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus, Christopher Lauer, forderte den Senat auf, den Text der Digitalen Gesellschaft als Grundlage für eine angekündigte Initiative im Bundesrat zu übernehmen. „Der Gesetzesentwurf besticht durch seine Einfachheit und stellt aus unserer Sicht einen geeigneten Lösungsansatz für das Problem der Störerhaftung dar“, schrieb Lauer.

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3 Kommentare

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  • G
    Gast0000011

    Meinen die das wirklich ernst??!! Beim Lesen des "Gesetzentwurfs" wurde mir mit jedem weiteren Wort schlecht. Reicht es nicht, dass die sozial schlechter Gestellten von meinen Steuergeldern leben? Soll ich jetzt auch noch für jeden 20 Euro im Monat zahlen, damit die ins Internet kommen? Davon abgesehen wird dem Internet eine viel zu große Bedeutung bei gemessen. Man braucht es nicht zum Überleben!! Und Informationen bekommt man noch besser aus Büchern und Zeitungen, wenn man nicht unbedingt die Bild liest. Ein Auto ist in der heutigen Zeit auch so gut wie unverzichtbar, soll ich meinen Autoschlüssel jetzt auch an meinem Auto lassen um allen die keines haben, eine Autofahrt zu ermöglich? Hallo?! Wach werden!!!

     

    Ich finde auch, dass man die Störerhaftung ein wenig reformieren muss. Anbieter in Cafés u.ä. sollten davon wirklich ausgenommen werden. Aber bei Privaten ist der Lösungsansatz, welchen der BGH vorschlägt schon sehr gut.

  • R
    reblek

    "Gesetzesentwurf zur Störerhaftung" - Es gab Zeiten, da hieß so etwas schlicht "Gesetzentwurf". Aber wer war auf sich hält, macht es um die Ecke - und falsch. Auf jeden Fall nicht so wie im Artikel. Da steht nämlich "Gesetzentwurf".

  • M
    Michael

    Vorsicht, wenn Ihr Nachbar sich von Ihnen einen Hammer leihen will!

    Wenn er gar keinen Nagel einschlagen will, sondern damit jemanden totschlägt und danach abtaucht, dann sind dran: Bei Totschlag muss auf jeden Fall jemand ins Gefängnis, kann man den Mörder schon nicht einlochen, dann doch wenigstens den Hammerbesitzer.

     

    Vorsicht, wenn Ihr Nachbar sich von Ihnen ein paar Eier ausleihen will!

    Wenn er damit ein Dessert für seine morgige Party herstellt und dieses unzureichend kühlt, dann sind Sie mit dran, wenn Partygäste an Salmonellenvergiftung erkranken. Schließlich kamen die Eier ja von Ihnen.

     

    So absurd sähe die "Störerhaftung" übertragen auf andere Lebensbereiche aus. Dieser Zustand hebt den Grundsatz auf, dass strafbare Handlungen nachgewiesen werden müssen, bevor ein mutmaßlicher Täter bestraft werden darf.

    Dass der BGH diese absurde Situation auch noch bestätigt, wirft kein gutes Licht auf ihn.

    Unschuldige zu belangen, weil es vergleichsweise schwierig ist, dem wahren Straftäter seine Taten nachzuweisen, diese Verfahrensweise macht sich leider immer mehr breit, z.B. auch im Demonstrationsrecht

    Für einen "Rechtsstaat" ist das unerträglich.