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Gesetzesentwurf für StörerhaftungAlle sind unzufrieden

Die Linke hat einen Gesetzesentwurf zur Störerhaftung in den Bundestag eingebracht. Die Zeit drängt, ab 2013 beginnt der Bundestagswahlkampf.

Politisch gesehen ist das Thema Störerhaftung bisher eine Baustelle Bild: uni_com/photocase.com

BERLIN taz | Es kommt Bewegung in die Frage der Störerhaftung. Nachdem in Berlin vierzig freie W-Lan-Spots eingerichtet wurden und aktuell eine Hardware zur Umgehung der Störerhaftung entwickelt wird, kommt auch die politische Diskussion voran: Gerade hat Die Linke einen Gesetzesentwurf der Digitalen Gesellschaft in den Bundestag eingebracht.

Störerhaftung heißt: Wer ein offenes WLan betreibt, haftet. Zum Beispiel, wenn einer der Netz-Nutzer gegen geltendes Recht verstößt und nicht ermittelt werden kann; wenn er etwa illegal Filme oder Musik runterlädt. Der Netzbetreiber muss dann in Zukunft verhindern, dass ein anderer mittels des offenen Netzes Urheberrechtsverletzungen begeht – also sein freies Netz einzäunen.

Von dieser Regelung sind große Access-Provider, beispielsweise die Telekom mit ihren Hotspots, ausgenommen. Wer aber zu den großen Access-Providern zu zählen ist und welche Konsequenzen ein Verstoß gegen das Gesetz mit sich bringt, darüber herrscht große Unsicherheit. Momentan entscheiden die Gerichte nach Gutdünken.

Der Gesetzesentwurf der Digitalen Gesellschaft will nun einfach alle W-Lan-Anbieter zu Access-Providern erklären und damit deren Haftung ausschließen. „Das ist eine sehr elegante Lösung“, sagt Halina Wawzyniak, netzpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, „das hat uns überzeugt. Und wir sind angehalten, gute Ideen aus der Zivilgesellschaft aufzugreifen.“

Leichte Änderungen

Deswegen habe man den Text auch leicht geändert eingereicht. „Wir haben noch den Akzent gesetzt, dass das eine Möglichkeit ist für Menschen, die kein Geld haben, Zugang zum Netz zu bekommen.“ In Fachkreisen wurde der Entwurf überwiegend begrüßt.

Es gibt unter den Oppositionsparteien eine breite Übereinkunft, dass die jetzige Rechtsprechung nicht zufriedenstellend ist. Nur über die Vorgehensweise herrscht Uneinigkeit: Die SPD versucht über einen Prüfantrag im Bundesrat, die Regierung zum Handeln zu bringen. Die Grünen begrüßen die Initiative der Linken zwar, werden allerdings trotzdem selbst einen Gesetzesvorschlag einreichen. „Wir wollen das noch offen halten“, so Jörn Pohl, innen- und netzpolitischer Mitarbeiter der Grünen-Fraktion.

Auch, weil bereits die Justizministerkonferenz im Sommer diesen Jahres die Regierung aufgefordert hatte, in dieser Sache tätig zu werden. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte bereits angedeutet, das Thema anzupacken. Für Halina Wawzyniak ist das noch zu wenig: „Wir wollen nicht nur, dass die Regierung das prüft, wir wollen direkt eine Lösung vorschlagen.“

„Wenig optimistisch“

Ob in dieser Legislaturperiode noch etwas passiert, ist allerdings eine andere Frage. „Ich bin wenig optimistisch, dass sich da bis Ende der Legislaturperiode was bewegt“, so Wawzyniak. Allerdings habe sie die Hoffnung, dass sich bei einigen Parlamentariern der Blick ein wenig weite, beispielsweise ins Ausland, denn andernorts hätte man auch Wege gefunden.

Ob das zeitnah passieren wird, darf bezweifelt werden. Die Zeit drängt: Eine Lösung müsste in diesem Jahr über die Bühne gehen, danach ist vor allem Wahlkampf. Und sollte nach der Wahl eine große Koalition regieren, wäre das die ungünstigste Konstellation für eine Abschaffung der Störerhaftung.

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3 Kommentare

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  • G
    gustav

    Die Anbieter von Filmen und Musik

    sollten sich in eine Organisation zusammenschließen

    und ihre Mediengüter zum freien Download

    bereitstellen, wenn dieser nicht wirkungsvoll

    begrenzt werden kann.

    Die Staaten oder die EU verpflichten

    sich zu einer Pauschalzahlung, die entsprechend

    der registrierten Downloadzugriffe, aber nach

    oben gedeckelt aufgeteilt werden.

    Ziel ist es, möglichst viele Studios

    gut finanziell zu belohnen, das Leistungsprinzip

    einzuhalten, aber den Populismus nicht zur Marktdiktatur zu beflügeln, sondern eine Quersubventionierung

    neuer Film-und Musikprojekte und deren Studios

    zu unterstützen und weniger Superreiche, aber

    mehr reiche Künstler zu generieren.

    Wenn Du einen Markt nicht richtig regulieren kannst,

    dann definiere das Geschäftsmodell

    des Marktes einfach neu!

    Der Revolution der Technologien muss eine

    institutionelle Anpassung folgen.

    Wenn die EU über einen von

    der EZB geförderten Fonds Hollywood für Europa

    eine Pauschale von 15Mrd Euro spendiert,

    der anteilig je nach Besucheraufkommen in den Kinos,

    Videotransfers via Internet usw. dann die

    Entlohnung der Studios vornimmt, wäre

    die gesamte Produktpiraterieproblematik entschärft,

    sofern die Studios gedeckelte Gewinne nur abbekommen.

    Die Studios hätten Planungssicherheit,

    exorbitante Gewinne gäbe es nicht mehr, aber

    auch Totalflops wären verhältnismäßig unwahrscheinlich, wenn die Qualität annehmbar wäre.

    Experimentelles Kino, wie in den 70ern, der Blütezeit

    des Dokumentarkinos, könnte sich gegen

    die Multis durchsetzen. Neue Studios hätten

    eine Chance sich zu etablieren.

    Die USA brauchen das, weil die Zusammenschlüsse

    der Filmstudios zu Dinosaurierbildung(

    im metaphorischen Sinne gemeint) führen.

    Für die Länder der EU werden ebenso

    Filmfonds aufgelegt. Für sehr kulturell begabte

    Nationen, wie Irland, Grossbritanien,Frankreich,

    Spanien, Italien,Skandinavien könnte hieraus eine neue Exportquelle sich erschließen.

  • J
    Jörn

    Die absurde Störerhaftung bedeutet einen Hemmschuh in der Internetnutzung in Deutschland und sie bestraft nach dem Zufallsprinzip unschuldige Bürger.

    Dennoch gibt es grosse Interessensgruppen, die eine Abschaffung der Störerhaftung verhindern wollen:

    - Die Telekoms verdienen daran, dass es kaum freie WLANs gibt. Gerade AusländerInnen geben in D deshalb viel Geld für die Internetnutzung aus. Hotel- und Gaststättenbetreiber weichen dazu noch auf teure WLAN-Angebote der Telekoms aus.

    - Die Contentindustrie kann durch die Störerhaftung ein Klima schaffen, die jegliche Aktivität im Internet unter Generalverdacht stellt. Ähnlich wie illegal agierende Geheimploizisten kann man sich auch bei der Störerhaftung durch einen Beweis der eigenen Unschuld nicht exklupieren.

    - Die Abmahnanwälte verdienen (zusammen mit der Contentindustrie) an der Störerhaftung.

     

    Zwar wird die Störerhaftung trotzdem eingeschränkt. Auf Grund der Käuflichkeit der Regierung jedoch sicher spät und halbherzig.

  • H
    hans

    Da sieht man unsere arbeitswütigen Parlamentarier in Aktion.

     

    Wir haben Ende Oktober 2013

    Bundestagswahl ist September nächsten Jahres.

    Bedeutet die Regierung hat noch ca. 25% ihrer Amtszeit vor sich.

     

    Und trotzdem ist es nicht genug Zeit um einen Gesetzesentwurf zu bearbeiten der durchaus als Routine gelten darf. Änderung der Störerhaftung ist nun wahrlich keine Reform die die Welt verändert.

     

    Aber unsere Regierung verbringt den Großteil der Zeit nicht zum Wohl des Volkes sondern mit Marketing für die nächste Wahl.

     

    Zusammenfassung dieses Artikels:

     

    Die Linke: Bringt Vorschläge aus der Gesellschaft / dem Volk ins Parlament.

    Die Grünen: Irgendwie auch dafür, machen dann aber doch lieber etwas Eigenes. Bloß nicht mit wem zusammen arbeiten der wirklich Ahnung hat, geschweige denn irgendwas was mit den Linken zu tun hat.

    SPD: Machen irgendwas sinnfreies.

    FDP/CDU: Zu beschäftigt mit in der Nase bohren.