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KOMMENTARGesetzesbrecher

■ Neues Strafrecht in der Sowjetunion

Über die Gesetze wird in der Sowjetunion jetzt viel diskutiert. Das Strafrecht steht dabei nicht an erster Stelle, denn so bitter ein Gefängnis oder Lager ist, der juristische Alltag hat nun einmal statistisch und machtpolitisch gesehen nur zum Teil mit den Strafgesetzen zu tun. Juristischer Umgang mit den Behörden, Informationsrecht, wirtschaftliche Selbständigkeit der Kooperativen, nationale Selbstständigkeit, Rechte der staatlichen Sicherheitsorgane, all das wird mehr diskutiert.

Sorge macht, daß es noch keine Gesetze gibt, um die Kontinuität der großen Veränderungen in der Sowjetunion zu garantieren. Offensichtlich sind die neuen Gesetze nur ein kleiner Schritt dahin. Kein erfolgreicher Wirtschaftsleiter konnte und kann ohne Gesetzesbruch oder Umgehung der Gesetze arbeiten. Das Durchsetzen der Perstroika von unten, zu der Gorbatschow aufruft, ist ohne Umgehung der bestehenden, der alten und vielleicht auch der neuen Gesetze nicht zu machen. Für die Perestroika gibt es jedenfalls keine Patentgesetze, sie ist ein Prozeß, der seine Zeit braucht.

Rolf Schälike

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