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Gesetz zu SchwangerschaftsabbrüchenNorwegen liberalisiert Abtreibungen

Zukünftig können Schwangere in Norwegen bis zur 18. Woche abtreiben. Das neue Gesetz soll im Sommer in Kraft treten

Ingvild Kjerkol, ehemalige Gesundheitsministerin aus der norwegischen „Arbeiderpartiet“, freut sich im Parlament über den Erfolg Foto: Thomas Fure/imago

Härnösand taz | Während in Deutschland noch diskutiert wird, ob Abtreibung außerhalb des Strafgesetzbuchs geregelt werden könnte, hat Norwegen seine Gesetzgebung weiter liberalisiert: Dort ist die Entscheidung, eine Schwangerschaft abzubrechen, künftig bis zur 18. Woche allein der Betroffenen überlassen. In dem bisherigen, fast 50 Jahre alten Abtreibungsgesetz des Landes liegt die Grenze bei zwölf Wochen.

Das neue Gesetz, das im Sommer in Kraft treten soll, regelt zudem weitere Fragen rund um Schwangerschaftsabbrüche – so wird medizinisches Personal, das eine Mitwirkung an Abtreibungen aus Gewissensgründen ablehnt, rechtlich abgesichert.

Das Parlament in Oslo stimmte dem Gesetzesvorschlag des sozialdemokratisch geführten Gesundheitsministeriums vergangene Woche mit großer Mehrheit zu – 115 Ja-Stimmen vor allem aus dem linken Parteienspektrum standen 53 Ablehnungen gegenüber.

Der Koa­li­tionspartner der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die Zentrumspartei, wollte es bei den zwölf Wochen belassen, überließ es aber ihren Abgeordneten, nach eigenem Gewissen abzustimmen. Das taten auch die konservative Partei Høyre und die rechtspopulistische Fortschrittspartei. Die Christliche Volkspartei als entschiedene Gegnerin stimmte als einzige geschlossen gegen den Vorschlag.

Recht auf Beratung gesetzlich festschreiben

Zu den Änderungen gehört, dass die medizinisch-ethischen Gremien, die einer späteren Abtreibung – künftig also nach der 18. Woche – zustimmen müssen, in der Mehrzahl von Frauen besetzt sein müssen. Das Parlament forderte nun, auch für Schwangere, deren später Abbruchwunsch abgelehnt wird, das Recht auf anschließende beratende Begleitung gesetzlich festzuschreiben. Ein solches Recht nach einer Abtreibung ist bereits Teil des Gesetzentwurfs.

Die Debatte wurde in Norwegen ähnlich emotional geführt wie in Deutschland: Die Ausweitung der Frist würde es Frauen zu leicht machen und zu mehr Abtreibungen führen, meinen die Einen.

Niemand entscheide leichtfertig über eine Abtreibung, nur weil sie liberaler geregelt sei, betont sinngemäß die andere Seite: Eine solche Entscheidung bleibe persönlich belastend und schwierig.Laut einer Umfrage des Norwegischen Rundfunks (NRK) war knapp die Hälfte aller Befragten für die neue 18-Wochen-Grenze, unter den 18- bis 29-Jährigen war die Zahl höher – bei 63 Prozent.

In Norwegen mit seinen knapp 5,6 Millionen Einwohnern werden pro Jahr rund 12.000 Abtreibungen durchgeführt, davon 80 Prozent vor der neunten Woche, etwa 5 Prozent nach der zwölften Woche. Im Nachbarland Schweden gilt die 18-Wochen-Grenze für Abtreibungen bereits seit 1975.

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