Gesetz zu Organspenden: Justizministerium sieht keine Lücke
Die Bundesjustizministerin gibt sich beim Strafrecht zu Organspenden zurückhaltend. Der Gesundheitsminister prüft eine Verschärfung.
BERLIN taz | Angesichts der Skandale um die Vergabe von Spenderorganen sieht das Justizministerium derzeit keinen Anlass, eine Verschärfung des Strafrechts zu prüfen. „Solange Ermittlungsverfahren laufen, ist es schwierig, in dem konkreten Fallkomplex eine Gesetzeslücke auszumachen“, sagte eine Sprecherin von Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).
Dies, so die Sprecherin, schließe aber nicht aus, dass es durchaus richtig sein könne, das Strafrecht in Nebengesetzen zu verschärfen wie etwa dem Transplantationsgesetz. Dafür zuständig sei aber nicht das Justizministerium. Ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (auch FDP) hatte in der taz am Samstag bekannt gegeben, dass ein entsprechendes Rechtsgutachten noch im Januar beauftragt werde. Es soll klären, ob und welche Änderungen in den Straf- und Bußgeldnormen sowie im ärztlichen Standesrecht nötig sind, um Betrügereien bei der Organvergabe wirkungsvoll zu sanktionieren.
Im Gespräch ist nach Informationen der taz, mit diesem Gutachten den saarländischen Jura-Professor Steffen Augsberg, spezialisiert auf Gesundheitsrecht, zu beauftragen. Zuvor hatten die Staatsanwaltschaften München und Regensburg beklagt, dass aufgrund fehlender entsprechender Strafrechtsparagrafen die der Datenmanipulation beschuldigten Ärzte in mehreren Transplantationskliniken womöglich strafrechtlich nicht belangt werden könnten.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig dagegen schaffte es am Freitag, einen der tatverdächtigen Ärzte von der Uniklinik Göttingen in Untersuchungshaft zu bringen. Sie wirft ihm versuchten Totschlag in neun Fällen sowie schwere Körperverletzung in einem Fall und Körperverletzung mit Todesfolge in einem weiteren Fall vor.
Der Münsteraner Jura-Professor Thomas Gutmann, einer der besten Kenner der juristischen Feinheiten und Problematiken rund um die Organvergabe und Transplantationsmedizin in Deutschland, sagte der taz, das Vorgehen der Braunschweiger Strafverfolger habe ihn „überrascht“: „Es ist ein kluger Versuch“, sagte Gutmann. Ob er tatsächlich etwas ausrichten könne, bleibe abzuwarten. Gutmann: „Das Problem der strafrechtlichen Kausalität, auf die die anderen ermittelnden Staatsanwaltschaften zu Recht hinweisen, existiert weiterhin.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers