: Gesetz mit Gebühren-Lücke
Elternverein legt Studie zu Kita-Kosten vor, nach der die Gebühren für Kindergartenplätze erheblich sinken könnten ■ Von Kaija Kutter
Der Elternverein „Familien Power“ glaubt, jetzt eine Schwachstelle im umstrittenen neuen Elternbeitragsgesetz für Kindergärten ausfindig gemacht zu haben. Die Stadt berücksichtigt bei der Errechnung der Beiträge nicht, welche Kosten den Familien durch den Kindergartenplatz selbst entstehen. Dies, so haben zwei Rechtsgutachter des Vereins ergründet, müsste sie aber tun. Die Folge wäre, dass die bis zu 775 Mark hohen Gebühren für Kita-Plätze erheblich sinken würden.
Wie die taz berichtete, gilt seit Beginn dieses Jahres ein neues Gesetz, das schärfere Kriterien bei der Errechnung des Elternbeitrags vorsieht. So werden Kindergeld, Baukindergeld und erhaltene Unterhaltszahlungen als Einkommen gewertet. Kosten wie Miete und zu zahlende Unterhaltsleistungen werden hingegen nur in gesonderten Härtefallprüfungen berücksichtigt. „Alle Bewilligungsbescheide, die wir gesehen haben, liegen um 200 Mark höher als früher“, berichtet Hans-Joachin Holtzmann vom Vereinsvorstand. Die Stadt behandle die Eltern bei der Prüfung ihrer Finanzen wie Bedürftige und betreibe eine „Operation Zitrone“. Holtzmann: „Es gilt rauszupressen, was nur geht“.
Eltern, die einen Härtefall beantragen, würden in ihren Bedürfnissen „auf den Stand eines Sozialhilfeempfängers heruntergeprüft“. Wer in der Tabelle als „Höchstsatzzahler“ veranschlagt wird – 6100 Mark netto für eine vierköpfige Familie – liegt nach Holtzmanns Berechnungen nicht weit vom statistischen Durschschnitt eines doppelt verdienenden Arbeiterhaushalts von 6000 Mark entfernt. Hat diese Familie zwei Kinder in einer Ganztags-Kita, ist sie gleich um 1000 Mark ärmer.
Diese Gebühren, so fordert nun „Familien Power“, müssten abgezogen werden, bevor der Beitrag erhoben wird. Denn ein Kindergartenplatz gehöre zu den „für die Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben“, die laut Bundessozialhilfegesetz abzuziehen sind, wenn das Einkommen einer Familie ermittelt wird. Sprich: Ohne Kita-Platz kein Einkommen. Kita-Gebühren sind vom Gesetzgeber zwar nicht wörtlich genannt. Da jedoch die Aufzählung der „notwendigen Ausgaben“ im Gesetzestext jedoch „nicht abschließend“ ist, geht Familien-Power davon aus, dass man sie mit „guten Gründen“ hinzuzählen kann. Der Verein rät zumindest allen Eltern, die ihren Beitrag als zu hoch erachten, zum Jugendamt zu gehen und sich unter Hinzuzählung des im letzten Jahr gezahlten Kita-Beitrags neu berechnen zu lassen.
In der Jugendbehörde sieht man einer möglichen Klagewelle gelassen entgegen. „Wir teilen die Rechtsauffassung von Familien Power nicht“, sagt Sprecherin Frauke Scheunemann. Der entsprechende Paragraph decke nur „handfeste Arbeitsmittel“ wie Arbeitskleidung, nicht aber Kinderbetreuung ab.
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