Gesetz gegen NGO-Aktivitäten: Äthiopien knebelt Zivilgesellschaft

Ein neuer Gesetzentwurf soll die Arbeit einheimischer und ausländischer NGOs deutlich erschweren. Die Regierung weist Kritik daran ab.

Nicht zimperlich im Umgang mit Opposition: Regierungschef Meles Zenawi Bild: rtr

NAIROBI taz Kritik hat Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi noch nie gut vertragen: Als sich 2005 ein Sieg der Opposition bei den Parlamentswahlen abzeichnete, karrten Lastwagen tausende Oppositionsanhänger in Gefängnisse, ihre Parteichefs wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Proteste von Menschenrechtsgruppen ebenso wie internationaler Organisationen verhallten. Wenn es nach dem Willen von Äthiopiens Regierung geht, dann wird in Zukunft jede Art von Kritik ganz unmöglich sein. Ein Gesetzentwurf, der am 7. Juli im Parlament beschlossen werden soll, wird zivilgesellschaftliches Engagement praktisch unmöglich machen.

So sollen Polizisten oder Ministeriumsvertreter unangemeldet alle Sitzungen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) verfolgen dürfen. Die Regierung soll NGO-Mitarbeiter ohne Gerichtsprozess entlassen, Büros durchsuchen und Eigentum beschlagnahmen können, sobald ein Verdacht auf "ungesetzliches Handeln" vorliegt. Internationalen Organisationen wird praktisch jedes nicht rein humanitäre Engagement untersagt. Die Bereiche Demokratie, Menschenrechte, gutes Regierungshandeln und Konfliktbewältigung sollen für sie ebenso wie für fast alle äthiopischen NGOs tabu sein. Denn ein besonders perfider Paragraf definiert all jene Gruppen als "international", die nicht zu mindestens 90 Prozent aus äthiopischen Quellen finanziert werden. Außer Pseudo-NGOs, die in Wirklichkeit zur Regierungspartei gehören, kann diese Bedingung praktisch niemand erfüllen.

Während die Regierung den Gesetzentwurf mit der Angst vor islamistischer Unterwanderung begründet, ist Äthiopiens NGO-Szene in Aufruhr. "Das ist der Versuch, eine bereits verschüchterte Zivilgesellschaft vollends mundtot zu machen und zu kriminalisieren", bilanziert ein Mitarbeiter einer deutschen NGO, der seinen Namen nicht zitiert sehen möchte. "Für uns wäre das Gesetz die Todesstrafe", befürchtet Minas Hiruy, Chef von Hope, einer äthiopischen Hilfsorganisation für Waisen. "Wir flehen die Regierung an, mit uns zu sprechen, bevor das Gesetz verabschiedet wird."

Doch Äthiopiens Justizminister Assefa Kesito hat bereits Eile angemahnt: "Uns läuft die Zeit davon. Die NGOs können ihre Kommentare in den kommenden Tagen einreichen. Das muss reichen." Diplomaten in Addis Abeba hoffen, das Gesetz noch verhindern zu können. Immerhin zahlen Geberländer jährlich etwa eine Milliarde US-Dollar an rund 3.000 NGOs in Äthiopien, die mit diesem Geld in praktisch allen Bereichen Regierungsaufgaben übernehmen. "Einer Regierung, die ihr eigenes Geld überwiegend aus dem Ausland bekommt, steht es moralisch nicht an, NGOs wegen ihrer Finanzquellen zu disqualifizieren", urteilt Getner Assefa, ein äthiopischer EU-Berater.

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