piwik no script img

Gesetz gegen DiskriminierungEmpowerment für SchülerInnen

Das Landesantidiskriminierungsgesetz, das der Senat am Dienstag beschlossen hat, könnte auch im Schulalltag etwas verändern. Ein Wochenkommentar.

Das neue Gesetz gilt auch an Schulen Foto: dpa

Alle Menschen sind gleich. Das sagt unser Grundgesetz, und falls das jemand vergisst, kann man ihn ganz konkret mit den Paragrafen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) dran erinnern. Allerdings: Dieses Gesetz soll vor Benachteiligung im Job schützen oder bei der Wohnungssuche. Eine wesentliche Gruppe war bisher immer außen vor: SchülerInnen an öffentlichen Schulen. Denn wenn Behörden oder öffentliche Institutionen diskriminierend handeln, greift das AGG nicht.

Das Landesantidiskriminierungsgesetz, das der rot-rot-grüne Senat am Dienstag beschlossen hat und das nun noch das Abgeordnetenhaus passieren muss, will diese veritable Gesetzeslücke schließen. Natürlich nicht nur mit Blick auf den Tatort Schule, aber eben auch.

Das ist richtig, weil notwendig: Hinter dem Schultor hören Beleidigungen, Übergriffe oder auch körperliche Angriffe ja nicht einfach auf. Warum sollten sie auch? Jugendliche geben antisemitische, homophobe oder frauenfeindliche Stereotype, die sie zu Hause oder wo auch immer lernen, schließlich nicht an der Klassenzimmertür ab.

Vor allem aber, das hatte eine Anfrage der Grünen an die Bildungsverwaltung Ende 2018 gezeigt: In ungefähr einem Drittel der (gemeldeten) Diskriminierungsvorfälle an Berliner Schulen waren LehrerInnen die TäterInnen. Auch LehrerInnen sind Teil der Gesellschaft da draußen vor dem Schultor, mitunter eben auch des weniger angenehmen Teils.

Das Gesetz kann hilfreich sein, und zwar auf einer emotionalen Ebene

LehrerInnen sind aber nun mal, ganz ähnlich ArbeitgeberInnen, auch in einer absoluten Machtposition. Wer sich den Abischnitt nicht ruinieren will, weil wiederum der Numerus clausus an der Wunsch­uni drückt, hält eher mal die Klappe.

Womit wir bei der Frage wären: Wie wirksam wird dieses neue Gesetz mit Blick auf die Schulen sein? Gehe ich als diskriminierte SchülerIn auf Konfrontationskurs und streite – womöglich langwierig und mit der Gefahr zu scheitern – um Schadenersatz vor einem Gericht? Nichts sagen und weiter machen ist da vielleicht nicht die prinzipiell richtige, aber eine verständliche Entscheidung.

Und doch kann das Gesetz hilfreich sein, und zwar auf einer emotionalen Ebene. Ganz einfach, weil es sich mit einklagbaren Paragrafen im Rücken einfach selbstbewusster für die eigenen Rechte streitet. Statt Ungerechtigkeiten totzuschweigen, könnte also häufiger als bisher hinterm Schultor über diese Dinge gestritten werden – es muss ja nicht gleich vor Gericht gehen.

Und wenn diese Tatsache wiederum zu einer wachsenden Sensibilisierung an den Schulen und einem Gefühl des Empowerments auf Seiten der Opfer führt: Dann wäre durch das neue Gesetz schon eine ganze Menge gewonnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare