Geschlechterunterschiede beim Gehalt: Verzwickte Ungleichheit
Erzieherinnen bekommen mehr Geld als Erzieher, sagt eine Studie. Meist ist es in der Realität allerdings anders. Die Männer werden immer noch in vielen Berufen besser bezahlt.
BERLIN taz | Zuerst die gute Nachricht: In einigen Berufen verdienen Frauen besser als Männer. Mit durchschnittlich 1.725 Euro erhält eine Vollzeitverkäuferin im Einzelhandel mit längerer Berufserfahrung etwa 2,2 Prozent mehr Bruttolohn als ihr männlicher Kollege. Der bekommt nur 1.688 Euro. Einen ähnlichen relativen Vorteil genießen Erzieherinnen gegenüber Erziehern.
Die Kompetenzen von Frauen in diesen "weiblichen" Berufen werden offenbar besonders geschätzt, so erklären Branchenkenner den kleinen Vorsprung. Wie aus einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung im Auftrag von Familienministerin Ursula von der Leyen hervorgeht, ist dies aber die Ausnahme. Die Forscherinnen haben 106.000 Personen online befragt. In 31 von 33 aufgeführten Berufen verdienen die Männer mehr, wenn sie die gleiche Arbeit machen.
Manchmal haben die Frauen zu Beginn ihrer Karriere noch bessere Karten. In den ersten drei Berufsjahren erhalten Maschinenbauingenieurinnen, Sozialpädagoginnen, Erzieherinnen, Krankenschwestern und Einzelhandelskauffrauen zum Teil bis zu knapp 10 Prozent mehr Lohn als Männer. Zwischen dem vierten und zehnten Berufsjahr verwandelt sich dieser Vorteil aber in einen Nachteil. Die Frauen fallen stark zurück, sodass sie letztlich bis zu 13 Prozent hinter den Männern liegen.
Meist verdienen allerdings schon männliche Berufsanfänger mehr als ihre Kolleginnen: Im Schnitt bekommen die Frauen zu Beginn ihrer Karriere durchschnittlich 18,7 Prozent weniger Geld. Bis zum zehnten Berufsjahr wächst der Abstand auf 21,8 Prozent.
Der geschlechtsspezifische Nachteil lässt sich ungefähr zur Hälfte mit offenkundigen Faktoren erklären. So machen sich die Berufsunterbrechungen durch Schwangerschaft und Kindererziehung bemerkbar. Doch diese Erklärungen reichen nicht. Hinzu kommen undefinierbare Nachteile, die Astrid Ziegler von der Hans-Böckler-Siftung schlicht als "Diskriminierung von Frauen im Berufsleben" bezeichnet.
Um dem Missstand abzuhelfen, fordert die Stiftung die neue Bundesregierung auf, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu verbessern. Der scheidende Bundesarbeitsminister Olaf Scholz hatte das vor, kommt wegen des Regierungswechsels nun aber nicht mehr dazu.
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