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■ KommentarGeschichte als Prozeß

So seltsam kann Geschichte sein: Ausgerechnet die DDR, alles andere als ein Rechtsstaat und offiziell antizionistisch, hat nun posthum der kleinen Jüdischen Gemeinde Adass Jisroel zur Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts verholfen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kann befriedigen, doch der Prozeß kann es nicht. Denn Gerichte sind nicht dazu da, über Geschichte zu urteilen. Das größte Problem dabei: Der Massenmord an den Juden diente als Hintergrund eines Verfahrensstreits. So argumentierte die Verwaltung, die Gemeinde sei über vierzig Jahre eine „leere Hülle“ ohne Mitglieder gewesen und deshalb untergegangen. Die Kläger erinnerten daran, daß die Gemeinde „leer“ wurde, weil der deutsche Staat ihre Mitglieder ermordete.

Was hätte Berlin verloren, wenn es Adass Jisroel anerkannt hätte? Wahrscheinlich nichts, aber das Land hätte sein Gesicht gewahrt. Die Verwaltung zahlt ohnehin 1,7 Millionen Mark jährlich an die Gemeinde und hatte die Rechte einer Körperschaft angeboten. Differenzen und Druck aus der jüdischen Einheitsgemeinde, den kleinen Konkurrenten nicht zuzulassen, mögen ein Prozeßgrund gewesen sein, die allgemeine „Rechtssicherheit“ ein anderer. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt: 50 Jahre nach der physischen Vernichtung von Adass Jisroel wollte Berlin als Rechtsnachfolger der Täter der Gemeinde vorschreiben, daß sie durch die Shoah erloschen sei und jüdisches Leben in Berlin ganz von vorn beginnen müsse. Die Richter haben den Prozeß zu einem guten Ende gebracht. Aber dieses Verfahren hätte mit ein bißchen Augenmaß der Verwaltung erst gar keinen Anfang haben dürfen. Bernhard Pötter

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