Geschenke verschicken mit Facebook: Noch mehr Daten für lau
In den USA gibt es schon Tests, bald ist es auch hier: „Facebook Gifts“. Doch der Geschenke-Versand hat Nebenwirkungen.
BERLIN taz | „Bald verfügbar: Geschenke. Echte Momente. Echte Geschenke“, wirbt das soziale Netzwerk Facebook auf seiner Seite. In den USA haben bereits einige Nutzer die Möglichkeit, das Feature auszuprobieren, mit dem sich Geschenke zwischen Nutzern verschicken lassen sollen.
Alles Facebook-intern, kein externer Online-Shop nötig, bezahlt wird per Kreditkarte. Will der Empfänger die Lieferung erhalten, muss er seine Adresse angeben.
Eine interessante Funktion – vor allem für das Unternehmen. „Die Häufigkeit und Art der Geschenke lässt Rückschlüsse über die Freundschaftsbeziehungen ziehen“ sagt Padeluun, Netzaktivist und Bürgerrechtler vom Foebud (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V.). Für Facebook sieht er die Möglichkeit, noch mehr Daten zu sammeln und Informationen über die Vorlieben der schenkenden und beschenkten Personen zu erhalten. All das würde Facebook und seinen Partnern helfen, Werbung noch gezielter und individueller zu platzieren.
Doch das ist nur der eine Aspekt. Mit der Geschenkfunktion kann Facebook seine Community auch stärker kontrollieren. Da der Empfänger eines Geschenkes seine Adresse angeben muss, kann Facebook überprüfen, ob diese mit der im Account gespeicherten Adresse übereinstimmt. Das hilft dem Unternehmen gegen sogenannte „Fake“-Profile vorzugehen, bei denen Nutzer etwa aus Datenschutzgründen falsche Informationen angegeben haben.
Facebook hatte in der letzten Zeit vermehrt Verifizierungsmails an Nutzer verschickt um deren Daten auf Richtigkeit zu überprüfen. Bei diesem Verfahren werden Nutzer aus „Sicherheitsgründen“ gebeten einen fünfstufigen Prozess zu durchlaufen, bei dem unter anderem eine Sicherheitskontrolle und Überprüfung von Informationen stattfindet. Bis dahin kann der Account nicht genutzt werden.
Keine Antwort ist auch eine Antwort
Eine Anfrage der taz an die europäische Facebook-Zentrale in Dublin, ob es nicht Datenschutzrechtliche Bedenken gäbe, ließ das Unternehmen unbeantwortet. Stattdessen wurde auf die „Question and Answer“-Sektion im Facebook „Help Center“ verwiesen. Eine persönliche Stellungnahme erfolgte nicht, Absender war das „The Facebook Team“.
Dennis Romberg, ebenfalls vom Foebud, erwähnt noch einen anderen Aspekt: Er sieht die Geschenkfunktion als ein neues Geschäftsmodell für Facebook, da die Werbeeinnahmen und die Börsenwerte des Unternehmens bisher unter den Erwartungen blieben. Eventuell handele es sich damit sogar um einen Angriff auf Amazon.
Nicht zuletzt ist „Facebook Gifts“ schlichtweg eine weitere Geldquelle für Facebook. Beobachter vermuten, dass das Unternehmen für jeden Verkauf eine Provision erhält. „Das ist einfach eine neue Möglichkeit, Einnahmen zu generieren“, so Romberg. Facebook äußerte sich dazu auf Anfrage der taz bisher ebenso nicht.
Die neue Funktion, die aus einer Übernahme des eCommerce start-ups „Karma“ entstanden ist hat übrigens nichts mit dem ehemaligen Facebook Gift-Shop zu tun, bei dem man Freunden „digitale“ Geschenke schicken konnte. Dieser wurde im August 2010 geschlossen.
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