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Geschacher um WahlterminKarsai will Wahlen vorziehen

Afghanistans Präsident Karsai möchte die Präsidentschaftswahl schon im April statt im August durchführen. Das wäre zwar verfassungsgemäß, würde aber viele Wähler ausschließen.

Karsai will der oppositionellen Mudschaheddinallianz Wind aus den Segeln nehmen. Bild: dpa

Nun hat er es doch getan. Per Dekret ordnete Afghanistans Präsident Hamid Karsai am Samstagabend an, dass die Unabhängige Wahlkommission (UWK) einen neuen Termin für die Präsidenten- und Provinzratswahlen festlegen soll. Bisher sollten diese am 20. August stattfinden. Dieser Termin stand aber im Widerspruch zur Verfassung. Diese legt fest, dass Wahlen spätestens 30 Tage vor Ablauf der fünfjährigen Amtszeit des Präsidenten stattfinden müssen. Das ist am 21. Mai der Fall. Gewählt werden müsste also spätestens am 21. April. Bislang war der Präsident der Auffassung gewesen, dass ein späterer Wahltermin ihm nützen würde und er auch so lange im Amt bleiben könne.

Es ist naheliegend, dass Karsai vor allem der oppositionellen Mudschaheddinallianz Nationale Front (NF) Wind aus den Segeln nehmen wollte. Diese war seit Wochen gegen den späten Wahltermin Sturm gelaufen und hatte Karsai vorgeworfen, er wolle verfassungswidrig im Amt verbleiben. Parlamentssprecher und Oppositionschef Junos Qanuni sprach von einer "Kultur des Gesetzesbruchs". Karsai solle am 21. Mai zurücktreten und Platz für eine Übergangsregierung machen, forderte er.

NF-Sprecher Fazl Agha Sancharaki begrüßte folglich Karsais jüngsten Entschluss. Er fügte aber an, Karsai habe nur vermeiden wollen zurückzutreten, um im Wahlkampf weiter staatliche Strukturen und Ressourcen sowie internationale Hilfe einsetzen zu können. Seit Monaten hat der Präsident über das neue, überaus mächtige Unabhängige Direktorat für Lokale Verwaltung seine Anhänger in den Provinzbehörden installiert. Sie könnten unbeobachtet dafür sorgen, dass zu seinen Gunsten abgestimmt und ausgezählt wird.

Gleichwohl gibt es auch ernst zu nehmende Einwände gegen einen frühen Wahltermin. Der unabhängige Parlamentarier Daud Sultanzoy verweist darauf, dass das afghanische Grundgesetz vorschreibe, dass das Wahlrecht für alle Bürger gilt. Bei einer viel zu kurzen Vorbereitungszeit würden große Teile der Bevölkerung effektiv von den Wahlen "ausgeschlossen". Zum einen liegt im April in weiten Teilen des Landes noch Schnee, so dass viele die Wahllokale nicht erreichen können. Zum zweiten kontrollieren Taliban und andere Aufständische weite Gebiete des Landes. Drittens zeigte auch schon die mehrmonatige landesweite Neuwähler-Registrierung, dass es Mängel und Lücken gab. Die Sicherheitslage wird auch kaum eine flächendeckende Präsenz in- und ausländischer Beobachter erlauben. Für Sultanzoy ist der neue Schwenk Karsais deshalb schlicht "illegal". Laut UWK sind zudem über 60 Tage Vorbereitungszeit notwendig, um die etwa 40 Millionen benötigten Stimmzettel zu drucken und zu verteilen. Dies kann erst beginnen, wenn alle Kandidaten registriert und überprüft sind, was weitere 40 Tage braucht. Dies dürfte besonders für die 34 Provinzräte mit ihren für Frauen reservierten Plätzen schwierig werden. Bis zum 21. April sind es aber nur noch 52 Tage.

Karsai mag auch darauf spekulieren, dass die Taliban stillhalten. Tatsächlich haben sie weder die Wahlen 2004/05 noch die jetzige Wählerregistrierung wirklich behindert. Dies dürfte Spekulationen Auftrieb geben, dass es hinter den Kulissen bereits einen Deal gibt. Der könnte von Saudi-Arabien eingefädelt worden sein, wo im September unter der Ägide König Abdullahs erste Sondierungsgespräche zwischen Regierungs- und Talibanvertretern stattgefunden haben. Neben dem pakistanischen Militär und dem von ihm beherrschten Geheimdienst ISI waren die Saudis die Hauptunterstützer der Koranschüler-Bewegung. Hier in Kabul scheint den meisten klar, dass es überhaupt nicht um die Verfassung, sondern um einen reinen Machtkampf geht. Um mit Amtsinhaberbonus in die Wahlen zu gehen, setzt Karsai die Legitimität der Wahlen aufs Spiel. Seinen innenpolitischen Gegnern eröffnet er damit die Möglichkeit, hinterher das Ergebnis überzeugend anzufechten. Das wird die Instabilität noch erhöhen. Die US-Regierung hat sich am Sonntag klar vom geplanten Vorziehen der Präsidentschaftswahlen distanziert.

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